Dr. phil. M. Agape Gensbaur OSB (23. Februar 1922–5. Juli 2016)
M. Agape Gensbaur wurde als Helene (Hella) Gensbaur am 23.2.1922 in Kladno bei Prag geboren. Die Herkunftsfamilie zeigt ein für das damalige Böhmen typisches Gemisch: Die Mutter, Pianistin mit italienischen Wurzeln, der Vater, Ingenieur mit Wiener und Südtiroler Herkunft. Hella Gensbaur entschied sich nach der Matura für das Studium der Musikwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte. Ihre Promotion bei dem Musikwissenschaftler Prof. Gustav Becking (23.4.1945) – es war die vorletzte Promotion an der Deutschen Karlsuniversität in Prag – trug den Titel Die rhythmische Gestaltung in Beethovens Briefen. Krieg, Internierung und Vertreibung aus der Tschechoslowakei sollten sie als Wunde, und zugleich als Impuls zur Versöhnung, ein Leben lang begleiten. Auf ihrer Suche nach Neuorientierung in Deutschland wurde sie zunächst 1953 Oblatin in Beuron, bevor sie 1957 in die Kommunität Venio eintrat. 1962 legte sie die Ewige Profess ab und war von 1973 (4.2.1973) – 1993 (9.9.1993) die zweite Priorin der Gemeinschaft nach der Gründerin, M. Agnes Johannes.
Bis 1963 arbeitete Sr. Agape als Musikreferentin an der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. In der Gemeinschaft bekleidete sie u. a. das Amt der Magistra, war mit verantwortlich für die Erneuerung des monastischen Lebens nach dem Zweiten Vatikanum, insbesondere die Einführung der Muttersprache in das Offizium. Sie war u.a. Mitglied des Vorstandes der VBD (Vereinigung der Benediktinerinnen im deutschsprachigen Raum) sowie in verschiedensten Gremien der Diözese. Die Anerkennung der Kommunität Venio als Ordensinstitut bischöflichen Rechts durch Rom (1992) hatte sie maßgeblich vorangetrieben. Die Gründung in Prag (2007) begleitete sie mit viel Engagement und Gebet; dass im Venio wieder in tschechischer Sprache gebetet wurde, erfüllte sie mit großer Dankbarkeit und Freude. Als Musikwissenschaftlerin engagierte sie sich im Rahmen der BBA für die kulturelle Seite im benediktinischen Leben. Aus ihrer langjährigen Erfahrung als Priorin heraus brachte sie pastoraltheologische Vorschläge ein und diskutierte gerne aktuelle Themen im Spannungsfeld von Kirche und Welt. Ein großes Anliegen war es ihr, jüngere Benediktiner und Benediktinerinnen für die BBA zu gewinnen.
Abschließend soll sie selbst zu Wort kommen. Am Ende der Internierung 1945 schreibt sie: „Sollte ich mir in meinem Leben noch einmal etwas wünschen dürfen, so wäre es: Ich möchte ein Leben führen, in dem ich Gott preisen kann.“ Später hat sie dem hinzugefügt: „Wie ist das in Erfüllung gegangen!!“
Am 5. Juli 2016 – dem Tag, an dem in Böhmen der Heiligen Kyrill und Method gedacht wird – hat sie ihr Leben in die Hände des Herrn zurückgegeben. Requiescat in Pace.
Äbtissin Carmen Tatschmurat, Abtei Venio