Zur Zukunft der Bayerischen Benediktinerakademie, 7. November 2015

Impulsreferat des Präsidenten der Bayerischen Benediktinerakademie Erzabt Dr. Korbinian Birnbacher OSB bei Jahrestagung am 7. November 2015

Liebe Mitglieder und Außerordentliche Mitglieder der BBA!

Vor einem Jahr, am 8. November, fand in Ottobeuren die 86. Jahrestagung der Bayerischen Benediktinerakademie statt. Ich wusste damals zwar, dass wir in der Historischen Sektion einen nicht ganz einfachen Wechsel im Dekanat vornehmen mussten. Aber die Herausforderung sollte von einer anderen Richtung kommen. Doch dazu später!

Nochmals zurück zur Sectio Historica: Nach einer langen, erfolgreichen und verdienstvollen Zeit als Dekan mussten wir P. Ulrich Faust aus Altersgründen in den verdienten Ruhestand verabschieden. Ich bin sehr dankbar, dass wir in P. Prof. Dr. Stephan Haering OSB aus Metten einen neuen Dekan und in P. Dr. Cyrill Schäfer OSB von St. Ottilien einen neuen Redaktionsleiter der „Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige“ gefunden haben. Wir konnten den neu überarbeiteten Bayernband der Germania Benedictina, Band II, mit den Teilbänden 1-3, am 12. Dezember 2014 in Andechs vorstellen. Damit war war ein formaler Abschluss dieses Werkes, das die SH über Jahrzehnte beschäftigt hat, gefunden. Außerdem erhielt P. Ulrich eine Festschrift unter dem passenden Titel „Germania monastica“ zu seinem 80. Geburtstag, die ihm auf der letzten Jahrestagung der Historiker am 18. Oktober 2015 in Erfurt überreicht wurde.

Ich danke vor allem der Bereitschaft von P. Stephan und P. Cyrill, dass wir all das kurz hier Berichtete umsetzen konnten. Inzwischen haben die beiden zusammen mit dem neuen Vizedekan Fr. Dr. Simon Petrus Haberkorn OSB von St. Peter bewiesen, dass es in der Historischen Sektion gut weitergehen darf. Die Sektionstagung von 16.–18. November in Erfurt war wieder sehr gelungen, sowohl was das akademische Niveau als auch die Organisation des Rahmenprogramms betrifft. Ich habe den Eindruck, dass die Mitglieder der SH sehr gerne kommen und der Wechsel von P. Ulrich auf P. Stephan und P. Cyrill wohlwollend aufgenommen wurde.

Nur aber zur Präsidentschaft: Womit ich 2014 nicht gerechnet hatte, war, dass es so schwierig sein sollte, einen neuen Präsidenten für die Akademie zu finden. Abtpräses Barnabas Bögle OSB hat sich sicherlich redlich bemüht, geeignete Personen zu finden, aber er hat von den angefragten Personen eigentlich nur Absageb erhalten. P. Dr. Michael Kaufmann von der Abtei Metten, dessen erfolgreiche Präsidentschaft turnusgemäß auslief, konnte leider nicht mehr dazu bewegt werden, noch einmal zu kandidieren.

Abtpräses Barnabas bat dann letztes Jahr in Ottobeuren schließlich die Vollversammlung um die Nennung von möglichen Namen. Die geheime, schriftliche Befragung der 23 stimmberechtigten ordentlichen Mitglieder der BBA ergab 14 unterschiedliche Namen. Die darauf durch den Abtpräses durchgeführte Befragung ergab, dass alle es ablehnten, sich der Wahl zu stellen, bzw. die Präsidentschaft anzunehmen. Am Schluss blieb ich als einziger Kandidat übrig – ich wurde als letzter befragt und der moralische Druck auf mich war umso größer, weil die Akademie nicht führungslos dastehen sollte. Ich wurde schließlich – ich sage es so – in der Not (mit 19 Stimmen) mit großer Mehrheit gewählt.  Ich habe aus Verantwortungsbewusstsein für  die BBA die Wahl angenommen.

Natürlich lasten viele Erwartungen und Wünsche auf meinen Schultern. Aber es ist klar: Auch ein Erzabt kann keine Wunder vollbringen. Meine Amtszeit ist laut § 6 (3) unserer Statuten auf 4 Jahre angelegt. Ein Jahr ist schon vorbei.

Wir haben in den zwei Vorstandssitzungen am 14. Jänner und am 29. Juli 2015 schon einige Fragen behandelt. Ein Ergebnis war unter anderem auch, dass ich als neuer Präsident die Jahrestagung etwas anders gestalten sollte – es wurde sogar der etwas keck formulierte Vorschlag gemacht, der Präsident sollte den „Traum des Präsidenten von seiner Akademie“ dem Plenum vorstellen. Diesen Wunsch habe ich hier auf das etwas realistischere Maß  eines Impulsreferates zur „Zukunft der Bayerischen Benediktinerakademie“ heruntergebrochen.

DIE BBA LEBT IN DEN SEKTIONEN UND VON DEN PERSONEN

Was habe ich für einen Traum? Wie sollte die Akademie aussehen? Geht es nur darum, Wünsche zu formulieren? Welche Ressourcen haben wir überhaupt noch? Was sind die Herausforderungen? Fragen über Fragen! Und dann muss es da immer auch die Menschen geben, die die Akademie sozusagen „leben“, die unterschiedlichen Visionen und Vorhaben umsetzen, sich einsetzen, hinter den Beschlüssen stehen und einfach die Arbeit auch tun.

Ich habe bei meiner Wahl zwar gewusst, dass es nicht gerade gut um die Akademie steht, oder sagen wir es positiver: dass die Akademie eine Baustelle ist. Aber ich schätze die Lage der Akademie nicht so ein, als sei ich derjenige Präsident, der dann halt auch als letzter das Licht abdreht und zusperrt. Nein, ich glaube an die Zukunft unserer Akademie. Und es muss auch meine Aufgabe sein, Sie alle davon zu überzeugen, dass unsere Bayerische Benediktinerakademie eine Zukunft hat. Und mit etwas Einsatz, mit etwas gutem Willen und mit etwas Glück können wir – davon bin ich überzeugt! – sehr wohl unserer alten Akademie eine Zukunft geben!

Dass jede Zeit ihre spezifischen Herausforderungen hatte und hat, war immer so. Aber es war immer die Stärke der Benediktiner und Benediktinerinnen, sich in der richtigen, moderaten, d. h. maßvollen (diskreten) Weise dem Wandel der Zeit anzupassen. Gerade weil das so ist, denke ich, sollten wir ohne Denk- oder Sprechverbote mutig an die Sache herangehen.

Das Jahr, das inzwischen vergangen ist, habe ich genutzt, um in den Vorstandssitzungen einige Gedanken zusammen mit den Dekanen zu entwickeln. Aber auch da ist es nicht so eindeutig, in welche Richtung der Hase läuft. Wünsche kann man schon äußern, aber entsprechen diese auch dem gegenwärtigen, zuletzt am 16. November 2002 beschlossenen, Statuten? Was müssen wir in den Statuten ändern? Was ist uns kostbar und deshalb unaufgebbar? Was kann man auch getrost ändern oder gar aufgeben?

Erneuerungsbedarf

Vielleicht darf ich im Folgenden kurz schildern, wo ich Erneuerungsbedarf sehe.

Wir müssen das Verhältnis von Ordentlichen und Außerordentlichen Mitgliedern klären. Mir ist klar, dass der Gedanke einer eigenen Ordensakademie natürlich eine spezifische Geistigkeit und Spiritualität beinhaltet. Der Habit der Mönche und Nonnen machte das in der Regel sichtbar. Aber muss das auch heißen, dass die Außerordentlichen Mitglieder nicht mitbestimmen dürfen oder engagiert ein Amt übernehmen können? Ich habe den Beitrag der Außerordentlichen Mitglieder stets als konstruktiv, als bereichernd und inspirierend empfunden. Warum sollten sie nicht mitbestimmen, warum unterscheiden wir überhaupt zwischen ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedern? Das Beispiel von Florian Schuller verdient allerhöchste Anerkennung und hat die theologische Sektion wieder mit neuem Leben erfüllt. Wir müssen uns vor allem klar sein über die – nennen wir es „demographische“ – Situation der Benediktiner und der Kirche allgemein. Wir werden als Benediktiner und Benediktinerinnen zahlenmäßig weniger. Und noch ein weiteres: Ich nehme da meine Kollegen als Äbte und Kolleginnen als Äbtissinnen in die Pflicht: Leider wird bei geringer werdenden Konventzahlen oft von Oberen meines Erachtens der fatale Fehler begangen, bei der Ausbildung an Zeit und Qualität zu „sparen“. Das ist sicherlich von den Oberen aus der Situation heraus so entschieden … und keine Äbtissin und kein Abt macht es sich da leicht! Aber es ist doch gerade für die Herausforderungen der Zeiten, die uns bevorstehen, kurzsichtig und leider auch fatal falsch. Nie zuvor haben wir gut ausgebildete Mitbrüder und -schwestern so dringend gebraucht, wie wir sie heute brauchen. Schwestern und Brüder vor allem, die dem Dialog und dem Diskurs mit der „Welt“ oder mit den „anderen“ gewachsen sind.

Was wollen wir eigentlich mit der Akademie? Kreisen wir nur um selbst? Oder haben wir auch den Anspruch einer Signalwirkung nach außen? Mir fällt auf, dass die Sektionen hier sehr unterschiedlich angelegt sind, dass sie vor allem aber auch auf sich selbst und ihre spezifischen Bedürfnisse angelegt sind. Wir haben in den Vorstandssitzungen einige neue Ideen entwickelt. Aber diese müssen arbeitsmäßig bewältigbar und schließlich auch finanzierbar bleiben.

Für mich lebt die Akademie in ihren Sektionen (und durch ihre Personen). Jede hat ihren eigenen Charakter … und das ist für mich nicht ein Hindernis, sondern eine Bereicherung! Sicherlich ist es nicht leicht, sich auf die Eigenart der anderen Sektionen einzulassen. Aber es ist bereichernd, wie wir in der Akademie durch den geistigen Austausch und die menschliche Begegnung voneinander lernen können, vor allem wenn die Jahrestagungen jeweils von unterschiedlichen Sektionen vorbereitet werden.

Öffnen wir uns grundsätzlich für die anderen Sektionen? Wir haben den Versuch ermöglicht, dass von der Sectio Theologica alle anderen Sektionen zur Sektionstagung am 19. Juni 2015 zum Thema „Theologische Herausforderungen, die sich aus der Bischofssynode 2015 ergeben“ eingeladen wurden. Aber wurde dieses Angebot wirklich genutzt? Die Resonanz war eher ernüchternd. Ich möchte sicherlich nicht allfälligen Idealismus schon im Vorfeld abwürgen. Aber wir müssen einfach berücksichtigen, dass wir alle unsere zeitlichen und belastungsmäßigen Grenzen haben.

Aktivitäten der Sektionen

Gehen wir kurz auf die Sektionen ein. Wie nehme ich sie wahr, wie sehe ich sie?

Die Sectio Artium (= SA) trifft sich einmal im Jahr und tauscht sich aus. Besondere Fragestellungen werden an besonderen Orten intuitiv und über die unterschiedlichsten künstlerischen Ausdrucksformen aufgegriffen. Gerade in den letzten Jahren hat die SA wieder an Aktivität und Qualität gewonnen. Heute ist die SA mit 17 Mitgliedern stark vertreten und zahlenmäßig sogar die Sectio Theologica überholt. Besonderer Dank gebührt hier dem Dekan P. Dr. Petrus Eder!

Die Sectio Philosophica (= SP) ist ein Stück weit unser mitgliederschwächstes Sorgenkind, wobei sie auch schon glanzvolle Zeiten erlebt hat. So ist unser Abtprimas Dr. Notker Wolf Mitglied und auch unser allseits geschätzter Abt Odilo Lechner. Heute sind immerhin 5 Mitglieder zur Jahrestagung angemeldet. Letztes Jahr war Abt Johannes Schaber leider ganz allein beim Jahrestreffen in Ottobeuren. In der SP hat es in den letzten Jahren heftige Auseinandersetzungen gegeben, sogar Aus- und Übertritte. Doch darauf will und kann ich nicht eingehen. Der Dekan, P. Dr. Othmar Wieland, ist aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, die Sektion zu leiten. Es war aber auch nicht möglich, einen Nachfolger zu wählen. Wir hoffen, dass sich heute etwas in der Sektion tut, dass ein neuer Dekan gewählt werden kann und neue Initiativen gesetzt werden können. Für eine fachliche Auseinandersetzung und für eine sinnvolle Kommunikation ist eine gewisse Größe und eine daraus sich ergebende Gruppendynamik unumgänglich. Abt Johannes Schaber hat einen guten Vorschlag ausgearbeitet. Ich wünsche mir, dass er heute zum Dekan gewählt wird und dadurch auch die Legitimation für die vielen Initiativen, die er bereits gesetzt hat, erhält.

Die Sectio Theologica (= ST) hatte in der Vergangenheit gewisse Schwierigkeiten, eine Dekanin/einen Dekan zu finden. Nach der statutenmäßigen Ermöglichung im Jahre 2013, dass auch ein Außerordentliches Mitglied Dekan werden kann – ich erinnere mich, dass das keine leichte Sache war! – lebt jetzt die Theologische Sektion unter Florian Schuller, der ja selber viel Akademieerfahrung mitbringt, wieder auf. Die Theologische Sektion war die erste, die andere Sektionsmitglieder zu einer Jahrestagung in die Katholische Akademie in Bayern nach München eingeladen hat.

Die Sectio Historica (= SH) ist die derzeit mitgliederstärkste Sektion.  Sie hat es in einem gewissen Sinne am leichtesten, denn sie hat einige konkrete Projekte (die Reihe „Germania Benedictina“ und die Zeitschrift „Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens“) und eine stets Anfang Oktober stattfindende Jahrestagung an unterschiedlichen Orten. An ihr nehmen immer zwischen 40 und 60 Sektionsmitglieder teil, je nach der Kapazität des Tagungsortes. Der Ausflug zu – im weiten Sinne – benediktinischen Ausflugszielen sowie ein gut eingespieltes liturgisches Programm samt sonntäglichem Pontifikalamt und anschließendem Festakt mit Medaillenverleihung haben aus der Historischen Sektion eine Art sacrum convivium, eine stark gefügte Gemeinschaft gemacht. Die treuen freundschaftlichen Verbindungen tragen und geben der SH eine Stabilität. Natürlich ist auch der „touristische“ Aspekt von großer Bedeutung für den Zusammenhalt. Aber auch die SH kennt Probleme und Herausforderungen, vor allem braucht sie wie alle anderen Sektionen junge Mitschwestern und Mitbrüder.

Was ist die Bayerische Benediktinerakademie?

Die BBA wurde durch Beschluss des Generalkapitels der Bayerischen Benediktinerkongregation 1921 errichtet, um die wissenschaftliche Tätigkeit in der Ordensgeschichte, Liturgie und anderen wissenschaftlichen Zweigen, die im Interessen-Kreise des Benediktinerordens liegen, zu fördern (§ 1).

Sie hat die Aufgabe, die wissenschaftliche und künstlerische Arbeit vorwiegend in den benediktinischen Klöstern des deutschen Sprachraumes zu fördern. Insbesondere soll sie die wissenschaftlich und künstlerisch tätigen Mitglieder der einzelnen Klöster in engem Kontakt halten und deren Vorhaben unterstützen. Sie ist bestrebt, unter den jüngeren Mitgliedern der Klöster das Interesse für wissenschaftliches und künstlerisches Arbeiten zu wecken (§ 2). Das ist sozusagen statutarisch festgeschrieben Wesen und Zweck der BBA.

Unsere BBA ist aber auch ein intellektuelles Gesprächsforum. Die einzelnen Sektionen möchten durchaus eine solche Austauschplattform bieten. Dieses Gesprächsforum sollte weit genug gefasst sein, so dass Gegenwartsfragen zum sozialen Leben und zum christlichen Glauben zur Sprache kommen. Darüber hinaus sollten auch die Menschen über die Generationen hinweg verbunden werden. „Forstlich“ gesprochen, sollte eine gewisse Naturverjüngung  stattfinden dürfen. An das sollten wir uns stets erinnern und das sollte uns auch weiterhin Aufgabe und Auftrag sein!

Die BBA sollte auch weiterhin eine Fördermöglichkeit für junge Schwestern und Brüder aus dem Orden sein, eine Kontaktstation, ein Ort der Begegnung und eine Informationsquelle. Hier sollten über fachlichen Themen Freundschaften geknüpft werden können, die so wichtig sind in unserem Orden mit seiner gelegentlich zum Einzelkämpfertum neigenden Struktur. Hier sollte eine neue Verbindlichkeit entstehen können.

Finanzierung

Wir müssen aber auch nachdenken über die Finanzierung. Bisher hat die Bayerische Benediktinerkongregation das – ich spreche als Österreicher hier etwas keck – finanzielle Füllhorn über der BBA ausgeschüttet. Die SH hatte durch die Publikationen stets Sonderausgaben, die freilich auch immer durch entsprechendes Fundraising gedeckt waren. Diese Quellen sollten auch künftig nicht versiegen.

Nachdem 2002 ja die Mitbrüder und -schwestern, die nicht der Bayerischen Benediktinerkongregation angehören, von außerordentlichen zu ordentlichen Mitgliedern aufgewertet wurden, sehe ich nicht ganz ein, warum nur die Bayerische Benediktinerkongregation für die Kosten aufkommen soll. Erste Gespräche mit Abtpräses Barnabas Bögle hat es schon gegeben. So könnte ich mir vorstellen, dass die Salzburger Äbtekonferenz, die ohnehin ihre diversen akademischen Förderungen neu strukturieren muss,  hier die Bayerische Kongregation etwas entlastet und die anderen Klöster stärker in die Pflicht nimmt. Zumal ich als Säckelwart der Salzburger Äbtekonferenz ohnehin die finanzielle Gebahrung der SÄK auf neue Beine stellen soll.

Das Geld sollte aber nicht die cura oder causa prima sein. Wenn wir überzeugende Projekte haben, dann werden wir auch Wege finden, sie zu finanzieren! Davon bin ich überzeugt.

Zu den Fragen, die wir in den Sektionen diskutieren müssen, gehören unter anderem folgende Anliegen: Wie sehen unsere Zukunftsprojekte aus und wie können wir Interesse für die BBA gerade bei jungen Mitbrüdern und Mitschwestern wecken?

Eine traurige Tatsache ist ja, dass wir in den letzten Jahren einfach weniger und älter geworden sind, dass sich die Arbeiten in den Klöstern auf immer weniger Schultern verteilen müssen, und dass vor allem immer weniger Mitbrüder und Mitschwestern sich wissenschaftlich, akademisch weiterbilden können. Das sind natürlich Ressourcen, die uns langfristig verloren gehen.

Wie geht es konkret mit der Philosophischen Sektion weiter? Es gibt derzeit aus verschiedenen Gründen zu wenige Mitglieder. Gelingt es eine neue, lebensfähige Generation von Mitgliedern der SP zu gewinnen? Abt Johannes Schaber hat da verschiedene Vorstellungen entwickelt, die ich ausdrücklich gut heiße, die aber auch umgesetzt werden müssen. Doch wer übernimmt diese Aufgabe? Oder soll die SP, bis sie sich gefestigt hat, in der ST eine Art Gastrecht besitzen? Auch dazu gibt es Überlegungen, und es wäre meiner Meinung nach ein durchaus gangbarer Weg!

In den drei Sektionen SP, ST und SA steht der Austausch und die gegenseitige Förderung stärker im Vordergrund als in der SH. Hier hat auch die Aktualität naturgemäß ein gewisses Gewicht. Es gäbe immer sehr viele aktuelle Fragestellungen: Was kann man tatsächlich unternehmen? Wäre ein gemeinsames Publikationsorgan, eine Zeitschrift, ein geeigneter Weg? Auch dieser Vorschlag steht im Raum. Aber wer macht sie, wer füllt sie mit Inhalt und wer liest sie? Stehen da Aufwand und Ergebnis in einem verantwortbaren Verhältnis?

In der Sectio Historica hingegen gibt es ziemlich feste Strukturen, die ihren Sinn machen und die sich auch bewährt haben. Die SH hat eine in sich gefestigte Struktur. Soll man dieses erfolgreiche Konzept aufbrechen? Ich meine nur: Never change a winning team!

Was sollte bleiben?

Bleiben sollte zunächst die augenblickliche Aufteilung in Sektionen. Jede Sektion hat ihre Fähigkeiten und Talente. Die Stärken sollten gestärkt werden. Die Sektionen sollen ihr Eigenleben pflegen und bewahren.

Die Jahreshauptversammlung sollte immer in München-St. Bonifaz bleiben. Hier ist unsere Akademie entstanden, hier ist sie zuhause, hier gehört sie hin! Das hat sich bewährt und ist auch reisetechnisch am leichtesten zu bewältigen. Auch die Infrastruktur ist hier vorhanden. Vielen Dank den Mitbrüdern von St. Bonifaz, dass sie mit ihrer Gastfreundschaft stets zum Gelingen der Jahrestagungen der Akademie beigetragen haben. Danke Dir, lieber Abt Johannes Eckert, lieber Abt em. Odilo Lechner, und aufrichtiger Dank auch allen anderen Mitbrüdern von St. Bonifaz! Die Jahrestagung sollte m. M. nach wie bisher von jeweils einer Sektion zur Gänze vorbereitet werden und von allen Akademiemitglieder besucht werden können. Sie sollte aber nach Möglichkeit so aufbereitet sein, dass sie spannend und interessant ist auch für jüngere Mitglieder unseres Ordens und darüber hinaus.

Was sollen und was können wir ändern?

Ist es noch zeitgemäß, in Ordentliche und Außerordentliche Mitglieder aufzuteilen? Muss das nicht als eine Art Diskriminierung aufgefasst werden? Ich glaube, wir könnten künftig die Aufteilung in ordentliche und außerordentliche Mitglieder aufgeben. Uns sollte jede und jeder willkommen sein, die oder der hier mit Eifer und Engagement michmachen will. Vielleicht ist das aber auch nur ein innerbenediktinisches Problem. Ich habe diesen Vorschlag jedenfalls nicht von einem Außerordentlichen Mitglied gehört.

Sollten wir uns wirklich an ein gemeinsames Publikationsorgan wagen? Aber wer macht es?

Ich möchte Sie/Euch liebe Mitglieder der Benediktinerakademie jetzt dazu ermutigen, innerhalb der Sektionen eifrig und durchaus auch kontrovers zu diskutieren. Was brauche/n ich/wir in der Benediktinerakademie aus der Sicht meiner Sektion, was können/müssen wir aufgeben? In jedem Fall aber, was ist mir wichtig. Was macht mir die Akademie zur Herzensangelegenheit? Wir sollten nicht zum Ziel haben, dass wir hier künstlich eine andere Akademie kreieren. Aber wir sollten das Gute der Akademie weiterentwickeln, die Stärken stärken und somit die Akademie auch durchaus anders werden lassen. Die Benediktinerakademie hat sich nämlich seit ihrer Gründung 1921 auch immer wieder gewandelt … das steht fest!

Zum Schluss möchte ich noch den berühmten Brief, den der Prophet Jeremia aus Jerusalem an den heiligen Rest der Verbannten in Babel schrieb, zitieren, wo es in Jer 29, 11 heißt: „Denn ich, ich kenne meine Pläne, die ich für euch habe – Spruch des Herrn – Pläne des Heils und nicht des Unheils; denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben.“ Dieses Wort ist eigentlich in äußerster Not und in großen Schwierigkeiten formuliert worden. Es hat aber dem „heiligen Rest“ Trost gespendet und Mut für die Zukunft gemacht. Warum sollte dieses Wort nicht auch uns gelten?