1978

P. Willibrord Neumüller OSB (8. Dezember 1909 – 17. Juli 1978)

Felix Neumüller wurde am 8. Dezember 1909 in Wien geboren. Da schon sein Vater in Kremsmünster studiert hatte, kam auch der kleine Felix 1919 an das Stiftsgymnasium, wo er 1927 die Matura ablegte. Im gleichen Jahre bat er um Aufnahme in das Kloster, wobei er den Namen des Friesenapostels Willibrord erhielt. Mit seinem Konnovizen Fr. Willibald Bammer studierte er dann Philosophie und Theologie in Salzburg. Nach der Priesterweihe am 29. Juni 1932 sandte ihn Abt Ignaz Schachermair zum Studium an die Universität Wien (Geschichte und Germanistik). In den Jahren 1933-1935 studierte P. Willibrord auch am Institut für Österreichische Geschichtsforschung, zu dessen Mitgliedern er dann seit dem letztgenannten Jahre zählte. Nach 1938 versah der junge Ordensmann zeitweilig die Ämter des Gast- und Kellermeisters und eines Bibliotheksadjunkten. Vor allem machte er sich aber als Jugendseelsorger im Kloster verdient. Er betreute damals die Studenten der NS-Oberschule, die ihrem Glauben treu bleiben wollten. Die Michaelskapelle, die in dieser Zeit nach Katakombenart aus einem Keller in einen Gottesdienst-Raum umgestaltet wurde, zeugt noch heute von dieser Tätigkeit. 1940 ernannte Bischof Johannes Maria Gföllner von Linz P. Willibrord zum Diözesanjugendseelsorger, wodurch der junge Pater den damaligen Machthabern bald ein Dorn im Auge wurde. So wurde er denn auch nach der Aufhebung des Stiftes 1941 gleichzeitig mit seinem Abt aus Österreich ausgewiesen. Bischof Simon Konrad Landersdorfer wies dem Heimatvertriebenen den Kaplansposten in Neukirchen im Bayerischen Wald (Diözese Passau) zu, jedoch schon im gleichen Jahre wurde Neumüller als Sanitäter zur Wehrmacht eingezogen. Er blieb bis zu seiner Entlassung im Jahre 1944 Soldat und kehrte dann nach Neukirchen zurück. Nach Kriegsende eilte er wieder in sein geliebtes Kloster, wo er sich mit seinen Mitbrüdern sofort dem Wiederaufbau widmete. So wurde er 1945 Professor für Deutsch und Geschichte am Stiftsgymnasium (bis 1977), Konviktspräfekt (bis 1954), Bibliothekar (bis 1958), Kustos der Stiftssammlungen (bis 1978) und Gastmeister (bis 1954). P. Willibrord war als Professor in den Anforderungen, die er an die Schüler stellte, milde, wußte sich aber jederzeit Respekt zu verschaffen. Interessierten vermittelte er aber manches Wissen, das sie später auf der Universität gut gebrauchen konnten. Immer aber ließ er in seinem Unterricht die Liebe zu seinem Kloster und zu seiner Heimat Österreich durchscheinen. Trotzdem aber unterrichtete der von den Nazis Verfolgte auch in den Jahren das Fach Deutsch, in denen Lehrplan und Zeugnisformular nur eine „Unterrichtssprache“ kannten. Durch 20 Jahre hindurch betreute P. Willibrord die Internationale Studienwoche der Katholischen Hochschuljugend Österreichs, die damals alljährlich in Kremsmünster abgehalten wurde. Dabei gewann er sich und seinem Hause viele treue Freunde. Während eines Studienaufenthaltes in Rom (1954-1956) dozierte er 1955/56 als Gastprofessor an der Päpstlichen Hochschule S. Anselmo Paläographie. Nach seiner Rückkehr ernannte ihn 1959 Abt Ignaz auch zum Stiftsarchivar. Im folgenden Jahr habilitierte sich Neumüller als Dozent für Kirchengeschichte an der Universität Salzburg, wo er auch kurz vor seinem Tode zum a. o. Universitätsprofessor für diese Disziplin ernannt wurde. In den Jahren 1960-1963 bemühte sich P. Willibrord zusammen mit ersten Fachkräften der staatlichen Museen um eine Neuaufstellung der Kunstsammlungen, um deren wissenschaftliche Bearbeitung im Rahmen der Österreichischen Kunsttopographie er sich als liebenswürdiger Koordinator und Mitarbeiter bleibende Verdienste erwarb. Als das Kloster 1969 im Hinblick auf seine 1200-Jahr-Feier beschloss, die brasilianische Großpfarre Barreiras zu übernehmen, bot sich P. Willibrord als Religionslehrer an der gewerblichen Berufsschule für Tischler in Kremsmünster an, um dadurch Mitbrüder für den Einsatz in der Dritten Welt freizustellen. Er erteilte diesen Unterricht dann bis 1972. Die letzten Lebensjahre P. Willibrords waren zusehends vom Nachlassen seiner Sehkraft und schließlich von einem Krebsleiden beeinträchtigt. Im März 1977 brachte eine Operation vorübergehend spürbare Erleichterung, wobei sicherlich das Jubiläumsjahr psychologisch seine Wirkung tat. Dankbar nahm er die ihm noch geschenkte Lebenszeit aus der Hand des Herrn an und widmete all seine Kräfte freudig und hingebungsvoll seinem Kloster. Leider aber machte der Fortschritt der Krankheit immer längere Krankenhausaufenthalte notwendig. Die letzte Strecke seines Lebens- und Leidensweges ging er tapfer und gläubig, bis ihn der Herr am 17. Juli 1978 zu sich rief.
Neben seinen vielen Aufgaben widmete sich P. Willibrord Zeit seines Lebens auch der wissenschaftlichen Tätigkeit, wobei er vielfach mit Prof. Kurt Halter zusammenarbeitete. Das Verzeichnis der von ihm veröffentlichten Werke umfasst bei 70 Nummern. Seine Vorliebe galt dabei der frühesten und frühen Geschichte der Tassilostiftung, sowie dem mittelalterlichen Buchwesen. Erwähnt seien hier nur sein wissenschaftlicher Beitrag für die Kultaner ennung des sel. Abtes Berthold von Garsten, seine Arbeit über den Kremsmünsterer Haushistoriographen Bernardus Noricus und über die Martyrer von Lorch. Für seine vielfältige Tätigkeit wurden P. Willibrord auch zahlreiche Ehrungen zuteil: Diözesanrat (1940), Geistlicher Rat (1951), o. Mitglied des Adalbert-Stifter-Institutes des Landes Oberösterreich (1958), Wissenschaftlicher Konsulent der oberösterr. Landesregierung (1964), geistlicher Beirat des Souveränen Malteserritter-Ordens, Kreuz „Pro piis meritis“ des Souveränen Malteserritterordens (1965), a. o. Mitglied der Bayerischen Benediktinerakademie (1965), Konsistorialrat (1970), Oberstudienrat (1971).

Benedikt Pitschmann OSB, Kremsmünster