P. Bonifaz Miller OSB (15. Januar 1920 – 22. August 1988)
Eine Woche, nachdem unser Mitbruder einen kurzen Urlaub im Heimatkloster beendet hatte, kam am 22. August 1988 die völlig unerwartete Nachricht, dass er in einem Münchener Krankenhaus verstorben sei. Er hatte sich in den Seelsorgsaufgaben, die ihm seit Jahren in der Abtei St. Bonifaz in München anvertraut waren, bis zum letzten eingesetzt.
P. Bonifaz ist am 15. Januar 1920 in München geboren und wurde mit den Namen Werner Josef Reinhold getauft. Der Vater, als Rechtsanwalt tätig, entstammt der Alt-Münchener Erzgießerfamilie Ferdinand Miller. 1933 bedeutete der frühe Tod seiner Mutter dem dreizehnjährigen Werner einen schmerzlichen Einschnitt in seinem Leben. Er besuchte das Gymnasium, trat 1934 der katholischen Jugendgemeinschaft Neudeutschland bei und schloss sich dem dritten Orden des hl. Franciskus an. In der Pfarrei St. Andreas war ihm der aus dem Kirchenkampf bekannte Stadtpfarrer Emil Muhler ein wichtiger Führer ins Leben. Von nicht sehr stabiler Gesundheit, wurde er doch im Herbst 1940 zum Kriegsdienst einberufen. Auf Grund seiner Gewissenhaftigkeit wurde er bis zum Feldwebel befördert; aber er war glücklich darüber, nie die Waffe im Kampf eingesetzt zu haben. Mit leisem Stolz erzählte er einmal, dass es ihm mit gleichgesinnten Männern gelungen war, einen zur Erschießung bestimmten Russen in die Freiheit zu entlassen. Aber vier Jahre russischer Kriegsgefangenschaft blieben ihm nicht erspart.
Nach der Rückkehr in die Heimat entschloss er sich 1949 zum Theologiestudium an der theologischen Hochschule der Erzdiözese in Freising. Mit einem Studienfreund begann er im Herbst 1950 das Noviziat in der Abtei Scheyern. Nach Schwierigkeiten setzte er das Theologiestudium fort und bat im März 1953 durch unseren P. Alfons Zimmermann, den Leiter der Spätberufenenanstalt Fürstenried, um Aufnahme in der Abtei Metten. Nach Abschluß des Noviziates legte er am 1. Mai 1954 die einfache Profeß ab, bei der ihm im Jubiläumsjahr des hl. Bonifatius dessen Name gegeben wurde. Es folgte das Theologiestudium in Würzburg und schon am 21. März 1957 die feierliche Profeß. Subdiakonats- und Diakonatsweihe erhielt er in Metten von Weihbischof Josef Hiltl und wurde am 29. Juni 1957 im Dom zu Regensburg von Erzbischof Michael Buchberger:zum Priester geweiht. Primiz feierte er in der St. Andreaskirche in München.
Im Herbst dieses Jahres kam er als Kaplan in die Klosterpfarrei Stephansposching und wurde 1961 nach dem frühen Tod des dortigen Pfarrers Pfarrprovisor. In gleicher Funktion musste er am 1. Mai 1961 für den erkrankten Pfarrer nach Metten gerufen werden. Von 1962 bis 1971 wirkte er als Präfekt im Internat und gab zugleich Religionsunterricht in den mittleren Klassen, sowie seit 1968 einen Kurs für Philosophie in der Oberstufe. In diesen Jahren hatte er eine Arbeit in Angriff genommen, die richtunggebend für sein weiteres Wirken wurde: unterstützt in altphilologischen Fragen von seinem Mitbruder P. Angelus Sturm, brachte er 1965 in der Reihe „Sophia. Quellen östlicher Theologie“ den Band „Weisung der Väter“ heraus, in dem die Aussprüche der Wüsten- und Mönchsväter zum ersten Mal in deutscher Gesamtausgabe geboten werden. In dem von ihm 1976 herausgegebenen Buch „Die Wüstenväter. Sag mir ein gutes Wort“ schreibt P. Bonifaz in der Einleitung: mit der Entwicklung zur Freiheit der Reichskirche „war auch viel Welt in die Kirche eingeströmt. Das alte Mönchtum ist ein Protest dagegen, ein Versuch, durch Auszug aus der Welt dem Evangelium treu bleiben zu können.“
Schon 1968 hatte P. Bonifaz bei einem Exerzitienkurs in der Benediktinerinnen-Abtei Tettenweis aus diesen Schätzen geschöpft. Und sie blieben ihm Quelle in seiner Tätigkeit als Novizenmeister, als Spiritual und in den Kursen der Erwachsenenbildung: 1971 wurde er von der Abtei St. Bonifaz als Novizenmeister erbeten, 1973 übernahm er die Stelle des Spirituals für die Benediktinerinnen in Mitterndorf am Chiemsee und des Religionslehrers an der dortigen sozialen Frauenschule, 1978 kehrte er nach München zurück für die vielfachen Aufgaben in der Pfarrseelsorge. Nebenher blieb er dem auf den Landesbischof Wilhelm Stählin zurückgehenden ökumenischen Kreis in Breitbrunn treu verbunden. Noch seinen letzten Urlaub hatte er für einen Tag unterbrochen, um den Sonntagsgottesdienst in der Dreifaltigkeitskirche in München zu halten, zu dem er immer eine gefüllte Kirche erwarten durfte. In seinem reichen Bücherschatz nahmen Bücher über christliche Spiritualität, über biblische und ökumenische Fragen einen weiten Raum ein. In die Benediktinerakademie wurde er 1968 in die Sectio Theologica aufgenommen.
P. Bonifaz war erfüllt von kritischem Suchen und von strahlend gütiger Aufgeschlossenheit auf dem Weg zu den Menschen. So konnte er sagen, das Wort des Propheten Michäas sei ihm Richtschnur gewesen: „Es ist dir gesagt worden, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir erwartet: Nichts anderes als dies: Recht tun, Güte und Treue lieben, in Ehrfurcht den Weg gehen mit deinem Gott“.
Abt und Konvent der Abtei Metten
P. Kuno Bugmann OSB (13. Februar 1909 – 1. April 1988)
Am Karfreitag, dem 1. April 1988, ist im Regionalspital Einsiedeln P. Kuno Johann Ev. Bugmann, a. o. Mitglied der Bayerischen Benediktinerakademie, im Alter von 80 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben.
Johann Bugmann stammte aus Winterthur, wo er am 13. Februar 1909 als Sohn einer Beamtenfamilie geboren wurde. 1923 trat er in die Stiftsschule Einsiedeln ein, 1929 wurde er eingekleidet und am 15. November1930 legte er vor Abt Ignaz Staub seine Profeß als Fr. Kuno ab. An der Hauslehranstalt des Stifts hörte er dann vier Jahre Theologie, u. a. bei den Patres Meinrad Benz und Theodor Schwegler. Schon in seinen Schul- und Studienjahren trat bei dem Verstorbenen eine Ader zutage, die ihn zeit seines Lebens auszeichnen sollte: Seine Vorliebe für alle Schönheit in Kunst und Musik. Er pflegte das Klavierspiel und diente zeitweise als Fagottist im Stiftsorchester. Bis ins hohe Alter zeigte er sich als exzellenter Kenner der Kunst und Kunstgeschichte – ebenso wie er begeistert schwärmen konnte für die mannigfaltigen Schönheiten der Natur.
Am 26. Mai 1934 wurde Fr. Kuno von Erzbischof Raymund Netzhammer OSB zum Priester geweiht. Stets hat er in der Ausübung dieses priesterlichen Amtes seine Hauptaufgabe gesehen, hinter der manch Anderes, auch Wichtiges, im Zweifelsfall zurückstehen musste. „Wir haben die Priesterweihe nicht empfangen, um dann das ganze Leben hinter dem Schreibtisch zu verbringen“: Ein Dictum solcher Art charakterisierte ihn: Ordentliche und außerordentliche Seelsorge, Predigten von barocker Sprachfülle und Katechese in Wort und Schrift machten einen Großteil seines Lebenswerkes aus. Sein erstes Buch, das er dem Druck übergab, war denn auch ein Religionsbuch für höhere Schulen, das 1945 erschien.
Seit 1934 unterrichtete P. Kuno an der Stiftsschule in Einsiedeln, zunächst Religion, Latein und Deutsch, dann auch Griechisch; daneben war er Präfekt. 1943 bezog er die Universität von Fribourg zum Hochschulstudium von Latein, Griechisch und Patristik; 1948 legte er das Staatsexamen mit der besten Note ab.
1951 wurde P. Kuno für ein Jahr geachteter und geliebter Pfarrer in Blons/Gr.Walsertal dann kehrte er in den Schuldienst zurück. Im Jahr 1961 übernahm er schließlich jenes Amt, das ihn über 20 Jahre ausfüllen sollte: Er wurde Stiftsbibliothekar von Einsiedeln, und er blieb es bis 1982. Die Einrichtung eines Arbeitsraumes und v. a. die Neugestaltung des Handschriftensaales gehören zu seinen Leistungen über den arbeitsreichen bibliothekarischen Alltag hinaus. Münzkabinett und Graphische Sammlung seines Klosters zählten ebenso zu den Arbeitsbereichen P. Kunos wie die langjährige Funktion als Obmann der „Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Stiftsbibliothekare“.
Trotz so vielfältiger Inanspruchnahme fand P. Kuno Zeit und Gelegenheit für mancherlei wissenschaftliche Arbeit- auch ein Zeugnis seines immensen Fleißes, dem er nur durch Krankheiten gelegentlich Grenzen setzen ließ. Seine Bibliographie bis 1980 umfasst rund 30 Veröffentlichungen mit Schwerpunkten auf benediktinischer Ordensgeschichte und Einsiedler Haus- und Kunstgeschichte. Auch das von ihm besonders geliebte Kloster Rheinau scheint in der Liste seiner Werke auf. Diverse Ausstellungskataloge der Stiftsbibliothek gehören hier herein, mehrere Auflagen seines Kirchenführers für Maria Einsiedeln und auch der zusammen mit Rudolf Schnyder bearbeitete Ausstellungskatalog „Der hl. Benedikt in der Schweiz 480-1980“ für das Landesmuseum Zürich. Fast eine Selbstverständlichkeit war für Kuno Bugmann auch die Mitarbeit an mehreren gelehrten Gesellschaften, so u. a. bei der Schweizerischen Paracelsus-Gesellschaft, deren Vorstand er angehörte, oder der Antiquarischen Gesellschaft Zürich. 1966 wurde er zum a. o. Mitglied der Historischen Sektion der Bayerischen Benediktinerakademie gewählt und trat zugleich in die Redaktion der „Studien und Mitteilungen“ für den Schweizer Raum ein. Er sorgte für Beiträge aus seinem Redaktionsgebiet, er redigierte, rezensierte und berichtete, und nicht zuletzt trug er – der klassische Philologe – zu einer ganzen Reihe von Bänden kunstvolle lateinische Widmungsinschriften bei.
Der wohl arbeitsintensivste Abschnitt seiner Tätigkeit für unsere Zeitschrift begann 1978, als die zum Jubiläumsjahr 1980 geplante .Bibliographie der deutschsprachigen Benediktiner (1880–1980)“ in Angriff genommen wurde. Von Anfang an setzte sich P. Kuno mit Energie und großem Organisationsgeschick für das Projekt ein, verfasste Rundschreiben, entwarf Schemata, mühte sich in immer neuen Anläufen um Beiträge und deren brauchbare Form. 1985 schließlich konnte der erste Band erscheinen; die undankbare und mühselige Kleinarbeit an der Endredaktion von Band II beschäftigte P. Kuno bis wenige Wochen vor seinem Tod. Er konnte das Erscheinen dieses Bandes, der auch die Schweiz einschließt und um den er sich soviel Arbeit gemacht hatte, nicht mehr erleben. Wir wissen nicht, was ohne unseres Mitbruders so intensive Teilnahme aus dem ganzen Projekt geworden wäre.
Aber noch ein weiteres Unternehmen unserer Akademie hatte Kuno Bugmann zu betreuen: Er war Redaktor für den Band IV der „Germania Benedictina“, welcher die „Helvetia Benedictina“ hätte umfassen sollen. Von Anfang an freilich stand dieses Vorhaben unter einem, wenn nicht ungünstigen, so doch zwielichtigen Stern: Als 1966 die „Germania Benedictina“ ins Leben trat, war die großangelegte „Helvetia Sacra“ bereits angelaufen. Das bedeutete sofort die Gefahr unfruchtbarer Parallel- und Doppelarbeit, zumal die „Helvetia Sacra“ im Vorsprung lag und die Benediktinerbände bald erscheinen sollten. P. Kuno musste sich so mit dem Gedanken vertraut machen einen parallel laufenden „Helvetia Benedictina“- Band weder personell noch finanziell halten zu können. 1982 vereinbarte er – bei allen Bedenken, die auch er kannte – eine Übernahme der einschlägigen „Helvetia Sacra“-Bände in die „Germania Benedictina“, doch verhinderten schließlich finanzielle Probleme auch diesen Kompromiss. 1985 musste P. Kuno den Plan eines eigenen „Helvetia Benedictina“-Bandes im Rahmen der „Germania Benedictina“ endgültig fallen lassen. Auch wenn sein Band nie erschienen ist, bleibt doch all sein Mühen um das gemeinsame Anliegen unseres Dankes wert.
Viele und anspruchsvolle Aufgaben hatte Kuno Bugmann in seinen 80 Lebensjahren auszuführen und auszufüllen: Er war Seelsorger und Prediger, Lehrer und Erzieher, Bibliothekar und Wissenschaftler. Die Bayerische Benediktinerakademie hat in ihm einen tatkräftigen Mitarbeiter verloren. Wer mit ihm zu tun hatte, lernte ihn kennen als einen Mann, der gut zu raten und zu helfen wusste, als geistreichen Gesprächspartner voll Witz und Humor. Manchem unter uns aber ist er noch mehr gewesen: Ein lieber und treuer Freund.
Martin Ruf OSB, Schäftlarn
Sr. Maria Birgitta zu Münster OSB (13. Oktober 1908 – 27. Januar 1988)
Nach längerer Krankheit durfte unsere Mitschwester Maria Birgitta zu Münster am 27. Januar 1988 nach der Vesper, die sie noch durch Übertragung in ihrem Krankenzimmer mithörte, in den ewigen Frieden eingehen.
Ursula zu Münster wurde am 13. Oktober 1908 in Hannover geboren. Da ihr Vater, Egon Graf zu Münster, Oberstleutnant war, wechselte die Familie öfter den Wohnsitz. Ursula hatte noch zwei Brüder. Solange die Kinder noch klein waren, wurden sie durch eine Erzieherin unterrichtet und betreut. Zur Weiterbildung kam Ursula in das Stift Altenburg, wo sie auch 1924 konfirmiert wurde. Es spricht für den guten Geist des Hauses, dass sich die „Stiftskinder“ noch nach Jahrzehnten durch Klassentreffen und Briefwechsel die Treue hielten. Ursula besuchte dann in Dresden das Gymnasium. Großes Verständnis und viele Anregungen fand sie in der Familie des Dompredigers und späteren Superintendenten von Kirchbach und seiner sozial und literarisch tätigen Frau Esther. Hier fühlte sie sich wohl „wie ein Fisch im Wasser“. Hier begegnete sie auch ihrer späteren Freundin Ida Friederike Görres. Vermutlich erhielt sie dort die Anregung, nach dem Abitur 1928–1932 in Greifswald und Leipzig evangelische Theologie zu studieren. Gott aber führte sie unmerklich und sicher dahin, wo Er sie haben wollte. Niemand, auch nicht sie selbst, konnte den Weg voraussehen. In Dresden war sie auch mit dem evangelischen Pastor Schnieber bekannt, dem herzensguten „Papa Schnieber“, in dessen Familie sie dann später wie eine ältere Tochter aufgenommen wurde, wo sie immer wie daheim war. Sie begegnete ihm erstmals, als sie sich nach einer seiner „deutschen Messen“, in die er katholisches Gedankengut eingebracht hatte, auf seine Frage, wie ihr die Messe gefallen habe, äußerte: „Gut, aber die Hauptsache hat gefehlt“.Und diese Suche nach der „Hauptsache“, der heiligen Wandlung, hat dann beide zur katholischen Kirche und Pfarrer Schnieber 1946 zum katholischen Priestertum geführt.
Ursula zu Münster konvertierte 1934 in Dresden zur katholischen Kirche. Da sie in eine katholische Umgebung wollte und Interesse für soziale Tätigkeit hatte, studierte sie in München 1934/36 an der Sozialen Frauenschule des katholischen Frauenbundes. Deren Leiterin, Frau Dr. Ammann, wurde 1935 bei der Firmung in der Privatkapelle von Kardinal Faulhaber ihre Patin. Nach der Abschlussprüfung arbeitete sie mit Begeisterung als Fürsorgerin u. a. bei Wanderarbeiterinnen in Eisleben und bei weiblichen Strafgefangenen. Nun vernahm sie immer deutlicher den Ruf zur besonderen Nachfolge Christi im Ordensleben. Schon als Kind hatte sie sich für die erste Klosterfrau, die sie in Berlin gesehen hatte, so begeistert, dass sie sich dieselbe abzeichnen ließ und dieses Bild wie einen geheimen Schatz hütete und immer wieder betrachtete. Als sie einmal auf ihre Frage, was denn eine Klosterfrau tue, erfuhr: die sei ganz für Gott da, hat sie diesen tiefen Eindruck nie mehr vergessen. Nach einigen, zum Teil sehr erheiternd geschilderten Anfragen in verschiedenen Klöstern, erhielt sie nach öfteren Besuchen und beharrlichem Bitten in der Abtei Walburg in Eichstätt Aufnahme durch die ihr verwandte Äbtissin M. Benedicta von Spiegel. Hier begann sie 1937 ihr Noviziat und legte 1938 die Ordensgelübde ab. Sie erhielt den Namen der hl. Birgitta von Schweden.
Ihr erstes Arbeitsfeld waren die „Walburgisblätter“, unsere Hauszeitschrift für Freunde des Hauses und ehemalige Schülerinnen der Haustöchterschule. Sie schrieb frisch und geradezu fesselnd von ihren Jugenderinnerungen, dem Klosterbrauchtum, von religiösen Festen und über Heilige, die sie besonders liebte, an erster Stelle über St. Franziskus.
Während des Zweiten Weltkrieges war Sr. Birgitta 1942–1944 mit einigen Mitschwestern als Stationsschwester im Reservelazarett Bruck-Berg bei Amberg eingesetzt, erst zur Pflege spanischer und dann deutscher Soldaten. Oft holte sie der Arzt zu Hilfe, um den Sterbenden in ihrer letzten Not Beistand zu leisten. Am liebsten hätte sie sich auch nach Kriegsende in der Krankenpflege betätigt, doch nun wurde sie im Kloster benötigt. Der Flüchtlingsstrom von der Front und aus den zerbombten Städten Dresden, Freiburg und München brachte viele Bekannte auf der Durchreise oder zu längerem Bleiben nach St. Walburg, deren sich Äbtissin Benedikta und ihre Helferinnen mit rührender Sorge annahmen und den Heimatlosgewordenen wenigstens für einige Zeit Geborgenheit und Hilfe schenkten. Aus dem völlig zerstörten Dresden kam Pfarrer Schnieber, der hier konvertierte. Der in Freiburg zerstörte Herderverlag gründete eine Niederlassung in Eichstätt unter Herrn und Frau Dr. Scherer, die noch lange Jahre für die Hilfe dankten durch freundschaftliche Briefe und Buchsendungen. Sr. Birgitta half mit Rat und Tat bei der Betreuung der ankommenden Flüchtlinge im Sprechzimmer und im Gästehaus.
Als wieder ruhigere Zeiten kamen, wurde Sr. Birgitta dank ihrer vielseitigen Begabung in den verschiedensten Aufgabenbereichen eingesetzt. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit während der 50 Professjahre lagen im Bibliotheks- und Archivwesen und in der schriftstellerischen Tätigkeit. Sie verfasste zu den Jubiläen Festschriften. Durch Jahrzehnte gestaltete sie mit großem Ideenreichtum die zahlreichen Klosterfeste. Zeitschriften erbaten sich von ihr Artikel für Heiligen- und Kirchenfeste und zu den Sonntagsevangelien. Pfarrer Theo Gunkel und seinem Oratorium in Leipzig widmete sie das Buch „Der heilige Philipp Neri, der Apostel von Rom“, Herderverlag 1953. Für die Kleinen Brüder Jesu übersetzte sie das „Leben von Charles de Foucauld“ von Rene Voillaume aus dem Französischen, Herderverlag 1957. Sie fertigte eine Übersetzung und Neubearbeitung „Über das göttliche Offizium und seine Verbindung mit dem inneren Gebet“ von Louis Thomassin, Patrnos-Verlag 1952.
An den Arbeiten und Versammlungen der Bayerischen Benediktiner-Akademie war sie immer lebhaft interessiert.1973 hielt sie bei der Jahressitzung der Academia Benediktina anlässlich des tausendjährigen Ulrichsjubiläums in Augsburg, im Saal des ehemaligen Benediktinerinnenklosters Holzen bei Augsburg einen Vortrag zur „Geschichte des Benediktinerinnenstiftes Holzen mit besonderer Berücksichtigung des 18. Jahrhunderts“ (veröffentlicht in SMGB 84/1973, 407–432). ,,Sie erntete herzlichen Beifall, nicht nur wegen der Verarbeitung des schwierigen Materials zu einem abgerundeten Bild, sondern auch wegen der netten Art, mit der sie so manches Absonderliche schmackhaft machte“ (P. Stephan Schaller OSB, Ettal). Zur Chronik des Ordens veröffentlichte sie in den „Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens“ weitere Beiträge: „Äbtissin Maria Anna Augustina Weihermüller, 1950–1985, St. Walburg Eichstätt“ (SGMB 98/1987, 376); „Audiam quid loquatur Dominus Deus – Zur Wahl und Weihe der Äbtissin Maria Anna Franziska (Salesia) Kloos im Jubiläumsjahr des 950jährigen Bestehens der Abtei St. Walburg in Eichstätt.“ (SMGB 96/1985, 432); St. Walburg in Eichstätt und König Ludwig I.“ „St. Walburg und seine Äbtissinnen und Priorinnen seit der Säkularisation“ (SMGB 97/1986, 253). Noch 1987 verfasste sie zwei weitere Artikel: „Äbtissin Karolina Kroiß von St. Walburg, Eichstätt“ und „Priorat Minster in England“.
Eine Auswahl deutscher geistlicher Dichtung gab sie heraus in dem Bändchen: „Ewigkeit, in die Zeit leuchte hell herein“, Herderverlag 1954. Damit sind exemplarisch einige Werke namentlich genannt.
An den Arbeiten und Versammlungen der Bayerischen Benediktiner-Akademie war sie immer lebhaft interessiert. 1979 wurde sie als erste Frau in die Akademie aufgenommen. Vielen Studenten erteilte sie Rat und suchte Material für deren wissenschaftliche Arbeiten. Ihren Mitschwestern und ebenso vielen Menschen, die sie im Kloster aufsuchten, gab sie wertvolle geistige Anregungen. In zahlreichen Briefen schenkte sie Hilfe und Trost.
Während des vergangenen Jahres wurden ihre Kräfte zusehends schwächer. Am meisten litt sie am allmählichen Verlust des Augenlichts. Nichts mehr lesen zu können, war für sie eine harte Prüfung. Nach kurzer schwerer Krankheit holte sie Gott, auf den sie ein Leben lang fest vertraut hatte, heim in die ewigen Freuden. Noch einen Tag vor dem Sterben sang sie: „Und nach diesen Erdentagen wird‘ ich endlich heimgetragen in des Hirten Arm und Schoß. Amen, ja, mein Glück ist groß!“
Beim Rückblick auf das Leben unserer lieben Mitschwester können wir mit ihr das Wort des hl. Chrysostomus beten: „Gott sei Dank für alles“.
Eichstätt-St. Walburg Veronika Maurer OSB, St. Walburg/Eichstätt
Dr. phil. Edgar Krausen (29. Dezember 1912 – 15. Januar 1988)
„Mögen dem Jubilar noch viele Jahre unverminderter Schaffenskraft geschenkt sein“. So hatte Hans Roth noch im vorigen Jahr in „Schönere Heimat“ aus Anlass des 75. Geburtstages von Edgar Krausen (29.12.1912–15.1.1988) geschrieben. Nein, die Ernte war in vollem Umfang eingebracht und konnte nicht mehr vermehrt werden und wir dürfen dankbar sein dafür, dass der Betrauerte gerade noch den Band „Dietramszell“ für die „Germania Sacra“ fertigstellen konnte, für welche Reihe er ein Jahrzehnt früher das ehemalige Zisterzienserstift Raitenhaslach erarbeitet hatte. Raitenhaslach war denn auch Schlüsselerlebnis und Angelpunkt des Forschens und Schaffens von Edgar Krausen, dessen Blick in den fünf Jahrzehnten seines wissenschaftlichen Arbeitens wesentlich auf das Feld der Geschichte der Zisterzienser ging, hier vor allem im bayerisch-österreichischen Raum, darüberhinaus aber auch in internationale Breite. Jedoch abhold jeglicher Einseitigkeit, gab es kaum ein Thema bayerischer Geschichte, Kirchen- und Klostergeschichte, Kunst und Kulturgeschichte, zu dem er, aus seinen fundierten Voraussetzungen als Berufsarchivar, sich nicht hätte äußern können und das in kompetenter Weise. Dies schlug sich in einer Vielzahl umfänglicher bis kleinster Veröffentlichungen nieder, mit denen Edgar Krausen allenthalben präsent war, wobei er sich nicht überhob, auch an abgelegensten Stellen zu publizieren, wo das mehr einem heimatkundlich interessierten Publikum als einer breiteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugute kam, die das alles einer bereits 1977erschienenen, achtzehnseitigen Bibliographie entnehmen kann, die Krausen in den folgenden Jahren um weitere sechs Seiten handschriftlich weiterführen konnte. Das im Einzelnen zu würdigen braucht hier nicht der Ort zu sein.
Aber wie der verehrte Verstorbene weithin in geschilderter Weise publizistisch präsent war, so war er es allenthalben auch persönlich. Wie er wohl bei keiner Jahresversammlung unserer Akademie fehlen mochte, war ebenso seine Präsenz in München und darum herum bei Akademien, Vorträgen, Jubiläumsveranstaltungen aktiv und aufnehmend weit gestreut und sozusagen „voll da“, immer mit einem anregend kritischen Wort, mit einer freundlich ergänzenden Bemerkung im fachkundigen Cercle. Präsent war er auch als helfend kundiger Archivar für den Neuling, der sich noch kaum auf den verschlungenen Pfaden eines Hauptstaatsarchivs auskannte; präsent war er als anregender und lebendiger Lehrer auf der Münchner Archivschule, präsent war er im einschlägigen Vereinswesen, etwa im „Verein für christliche Kunst“, wobei die mühevolle wie energische Wiederbelebung des Jahrbuchs dieses Vereins nach Jahrzehnten als eines der mittlerweile renommiertesten Organe, vor allen für altbayerische kirchliche Kunstgeschichte, gar nicht hoch genug veranschlagt werden kann.
Die Lebendigkeit seines Menschseins, sein intensives menschliches und sachliches Teilnehmen, womit er nahezu uns allen bekannt und von uns geschätzt gewesen sein dürfte, lassen die Erörterung seines Werdegangs, dieser im Rahmen des beruflich Üblichen, seiner Funktionen, seiner Auszeichnungen zudecken. Seine beschriebene Präsenz werden wir vermissen, für Fachkundiges über Zisterziensisches ist eine Lücke gerissen, deren Füllung derzeit nicht sichtbar ist.
Seit 1959 gehörte er unserer Akademie an und war damit der zweite in der Anciennität unserer außerordentlichen Mitglieder. Eine große Trauergemeinde hat Edgar Krausen im Januar dieses Jahres auf dem Münchner Waldfriedhof zu Grabe getragen.
Laurentius Koch OSB, Ettal