1992

Prof. Dr. Josef Leinweber (9. April 1940 – 18. August 1992)

In den späten Abendstunden des 18. August 1992 starb in Fulda Prof. Josef Leinweber, der seit 1978 Mitglied der Historischen Sektion der Bayerischen Benediktinerakademie gewesen ist. Mit großer Betroffenheit wurde die Nachricht von seinem Tod bei den Mitgliedern unserer Akademie aufgenommen. Für die Jahrestagung der Historischen Sektion am 10. Oktober in Plankstetten hatte Prof. Leinweber einen Vortrag über die Fuldaer Propstei Solnhofen angeboten und dies durch Anmeldung am 11. Juli noch einmal bestätigt. Hatten wir schon nach seiner schweren Operation um seine Mitarbeit gebangt, so war in den letzten Wochen vor dem Tod ihm selbst klar, dass die neuerliche Verschlechterung seines Zustandes wohl keine Hoffnung auf Heilung zuließ. Aber noch am Fest des hl. Benedikt hat er mit seiner Unterschrift – und dem Zusatz „je nach Gesundheitszustand“ – uns seinen Lebenswillen bekundet.
Der Verstorbene wurde am 9. April 1940 in Fulda geboren. Nach dem Besuch der Volksschule Dietges schlossen sich die Gymnasialstudien in Münsterschwarzach und Würzburg an. Am 12. Februar 1959 legte er die Reifeprüfung am Domgymnasium in Fulda ab. Seine philosophische und theologische Ausbildung erhielt er an der Hochschule Fulda und der Universität München. Bischof Dr. Adolf Bolte weihte ihn am 10. April 1965 im Fuldaer Dom zum Priester. Es folgte eine zweijährige Tätigkeit als Kaplan in Florenberg. Aber schon 1967 wurde er zur Fortsetzung seiner Studien an der Universität München freigestellt. 1971 promovierte er mit einer Dissertation über „Das Hochstift Fulda vor der Reformation“ zum Doktor der Theologie. Danach war Dr. Leinweber als Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Augsburg tätig, wo er sich am 4. Juli 1975 mit einer Arbeit über „Die Provinzialsynoden in Frankreich vom Konzil von Vienne bis zum Konzil von Trient (1312–1545)“ habilitierte. Er erwarb damit die Lehrbefugnis für das Fach „Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit“. Bald darauf ernannte ihn Bischof Dr. Eduard Schick von Fulda zu seinem persönlichen Referenten und übertrug ihm einen Lehrauftrag für Alte Kirchengeschichte, Patrologie und Christliche Archäologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule (heute Theologische Fakultät) Fulda. 1976 wurde er mit der Ernennung zum o. Professor auf den Lehrstuhl für Kirchengeschichte berufen.
Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war Prof. Leinweber stets in der Seelsorge und für die Bistumsleitung engagiert. 1980 wurde ihm der Titel Monsignore verliehen. Nach seiner Berufung ins Domkapitel 1983 wurde ihm das Amt des Dezernenten für die Finanz- und Vermögensverwaltung des Bistums übertragen. Als Diözesanvorsitzender des Bonifatiusvereins galt sein Einsatz der Diaspora und der Mission.
Das wissenschaftliche Interesse von Prof. Leinweber galt vor allem der Geschichte des Klosters und der Diözese Fulda. Als Mitglied unserer Akademie hat er darüber hinaus die Redaktion des Bandes Hessen im Rahmen der Germania Benedictina betreut, eine Aufgabe, die leider unvollendet einem Nachfolger übergeben werden muss. Auch in anderen wissenschaftlichen Gesellschaften war Prof. Leinweber Mitglied. So gehörte er der Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte und der Historischen Kommission für Hessen und Nassau an. Seit 1990 war er Rektor der Theologischen Fakultät Fulda.
Die Mitglieder der Historischen Sektion der Bayerischen Benediktinerakademie, die Prof. Leinweber von unseren Jahrestagungen her kannten, trauern um diesen freundlichen Gesprächspartner und engagierten Mitarbeiter unserer Projekte, der am 24. August 1992 an seinem Wohnsitz in der Pfarrei Florenberg/Pilgerzell zur letzten Ruhe gebettet wurde. Requiescat in pace!

Ulrich Faust OSB, Ottobeuren