1980

Theodor Sprang (+ 14. Oktober 1980)

Ein verdientes Ehrenmitglied der Bayerischen Benediktiner-Akademie, ist am 14. Oktober 1980 plötzlich und unerwartet im 67. Lebensjahr zu Augsburg verstorben.
Aus dem Bauernsohn in Oberhausen bei Emmendingen wurde der Gymnasiast in Donaueschingen und der Abiturient von Knechtsteden. Als er zu Freiburg im Hause Herder seine Ausbildung erhielt, begann für ihn der Lebensweg „mit dem Buch“. Bereits 1937 wurde er nach München berufen zur Begründung der Herderschen Buchhandlung. Nach dem Krieg, den Theo Sprang von Anfang bis Ende durchgestanden hatte, begann sofort und unmittelbar der Auftrag, das Herderhaus in München wieder mitaufzubauen. 1951 wurde Theo Sprang in das Winfried-Werk nach Augsburg berufen, um diesen Buchverlag aufzubauen. Schon 1963 begann das Zusammenarbeiten mit unserer Abtei Ottobeuren und deren Publikationen zur 1200-Jahrfeier und den weiteren Bänden der „Kirchengeschichte Bayerns“ durch P. Romuald Bauerreiß. Für die „Studien und Mitteilungen“ stellte sich der Fachmann des Verlagswesens auch dem Kommissionsauftrag ehrenamtlich zur Verfügung und half durch 13 treue Jahre. Die Begründung des Werkes „Germania Benedictina“, die Betreuung der Herstellung der ersten beiden Bände und die Kommission des verlegerischen Einsatzes standen unter seiner bewährten Mitarbeit. Die Ehrenmedaille der Bayerischen Benediktiner-Akademie war ein äußeres Zeichen unserer Dankbarkeit. Dem treuen Helfer und verdienten Mitarbeiter widmen wir ein ehrendes Gedenken.

Aegidius Kolb OSB, Ottobeuren

P. Dr. phil. Lajos Janos Csóka OSB (23. Juni 1904 – 17. Juni 1980)

Nach einer langen, schweren Krankheit ist Dr. Lajos Csóka, Mönch der Erzabtei Pannonhalma – Martinsberg in Ungarn im 76. Lebensjahr am 17. Juni 1980 gestorben.
Als Sohn einer kinderreichen Bauernfamilie mit 10 Geschwistern ist er in der Gemeinde Bük (Komitat Vas) am 23. Juni 1904 geboren. Die Mittelschule begann er bei den Prämonstratensern in Szombathely, die 7. und 8. Klasse des Gymnasiums hat er bei den Benediktinern in Györ und Pannonhalma absolviert. Nach der Matura trat er in der berühmten Benediktiner Erzabtei Pannonhalma ein. An der Universität in Budapest erwarb er das Diplom für Geschichte und Latein. Nach Erreichung des Doktorates wurde er 1932 auf zwei Jahre zu Forschungsarbeiten ans ungarische Kulturinstitut zu Wien gesandt. Von 1934–1943 lehrte er an der Hochschule zu Pannonhalma Ordensgeschichte. Von 1943–46 war er Referent im Religions- und Kultusministerium, bis Dezember 1947als Sektionsrat. Seit 1948 lehrte er an der Mittelschule, zugleich als Professor der Kirchengeschichte an der Haushochschule bis zu seinem Tode. Ferner diente er in seiner Erzabtei als Bibliotheksdirektor und Archivar. Sein Ideal war Beda Venerabilis, die stille Arbeit und das fleißige Studium. Das Gebet füllte seine Tage von früh bis spät.
Dr. Lajos Cs6ka war Fachmann auf dem Gebiet der ungarischen Geschichte des XI.–XV. Jahrhunderts. Eine Zusammenfassung seiner Forschungen bildet sein großes Werk: „Die Entwicklung der lateinischen Literatur Ungarns im XI.-XV. Jahrhundert“. Sein Hauptverdienst ist die Hervorhebung des typischen benediktinischen Charakters der mittelalterlichen ungarischen Literaturgeschichte dieser Zeit. Aus seiner Feder erschienen Arbeiten in ungarischen und ausländischen Zeitschriften, zugleich in den „Studien und Mitteilungen“. Die Berufung als Mitglied der Bayerischen Benediktiner-Akademie 1970 wusste der ungarische Historiker zu würdigen. Sein zweites Hauptwerk wurde die „Weltgeschichte der Söhne des hl. Benedikt – mit besonderem Hinblick auf Ungarn“ (1971). Das Werk „Geschichte des benediktinischen Mönchtums in Ungarn“ konnte als 24. Ergänzungsband der „Studien und Mitteilungen“ zum Jubeljahr im März 1980 erscheinen. Dem schwerkranken, verdienten Autor konnte vor Ostern noch sein Freund P. Aegidius Kolb von Ottobeuren den Band am Krankenlager überreichen.
Unser P. Ludwig war unter seinen Hörern und Studenten sehr geschätzt. Sie lobten seine Vorlesungen, denn er hatte die Gabe, für sein Fach Interesse und Begeisterung zu wecken. Neben seiner Lehrtätigkeit nahm er gerne und fleißig Anteil an der Seelsorge mit Predigten und Beichthören. P. Ludwig war streng gegen sich selbst und sehr diszipliniert. Obwohl schon seit Jahren kränklich, beklagte er sich nie, dennoch getreu seinem klösterlichen Leben.
Die schwere Krankheit konnte nur in den letzten Monaten seine Lebenskraft brechen. Auch in den schwersten Tagen beherrschte er sich beispielhaft. Ein Schüler von ihm hatte erzählt: „Am Karfreitag sagte er dem Mann, der mit ihm im selben Zimmer lag im Spital: ,Heute ist Karfreitag. Denken wir in dieser Stunden an den göttlichen Heiland, der in dieser Stunde für uns gestorben ist. Auch wir sollen unser Kreuz tragen, damit wir in sein Reich kommen. Opfern wir unser Leiden für andere auf, dann wird unser Leiden auch leichter sein.‘ Er hat uns auch noch auf seinem Sterbebett gelehrt.“
P. Ludwig konte die letzten Tage seines Lebens im Mutterkloster Pannonhalma verbringen, das er so heiß geliebt hatte. Er ist am 17. Juni 1980 gestorben. Am 21. Juni wurde er von uns in der Krypta der Kapelle „Unserer Lieben Frau“ beigesetzt; begleitet von seinen Mitbrüdern, von vielen ehemaligen Schülern, Hörern und Freunden. Pie Jesu, Domine, dona ei requiem!

Alois Köver OSB, Pannonhalma

P. Dr. phil. Pankraz Stollenmayer OSB (12. März 1889 – 11. April 1980)

Reinhold Stollenmayer erblickte am 12. März 1889 als jüngstes von 14 Kindern eines Maurerpoliers in Rechberghausen bei Göppingen (Württemberg) das Licht der Welt. Auf Veranlassung seines Heimatpfarrers kam der Kleine 1902 zum Studium in das „Josephinum“ zu Volders, das von den Kinderfreund-Benediktinern geleitet wurde. In diese Gemeinschaft trat Reinhold nach Absolvierung der 5. Gymnasialklasse mit zwei Kollegen ein. Er erhielt dabei den hl. Pankraz zum Patron. Seine Profess legte Fr. Pankraz am 17. Juli 1908 ab. Die letzten beiden Gymnasialklassen absolvierte der junge Kleriker 1910/12 am k. k. Staatsgymnasium in Bregenz. Daran schlossen sich die philosophischen und theologischen Studien an der Universität Innsbruck. Am 20. Dezember 1914 wurde P. Pankraz in der fürstbischöflichen Hauskapelle zu Brixen zum Priester geweiht, in der Heiligen Nacht, der ersten Kriegsweihnacht, feierte er in seiner Heimatgemeinde seine Primiz. Da die Kinderfreund-Benediktiner inzwischen für ihre Schule das Öffentlichkeitsrecht erhalten hatten, wurde Stollenmayer nach Abschluss seines Theologiestudiums für das Lehramt in Geschichte und Geographie bestimmt. In den Jahren 1916/20 absolvierte er auch diese Studien an der Innsbrucker Alma Mater. Mit seiner Dissertation „Zyprian von Northeim, genannt Sernteiner, Hof- und Tirolischer Kanzler (1457–1524). Sein Entwicklungsgang (1457-1501)“ erwarb er sich auch den Doktorhut. Sein Probejahr machte P. Pankraz am Staatsgymnasium zu Innsbruck.
Dann aber nahm sein Lebensweg eine andere Richtung. Die Benediktiner von Volders hatten nämlich aus klosterinternen Gründen inzwischen ihr Gymnasium aufgegeben. So mussten nun die Mitbrüder, die sich einem Lehramtsstudium unterzogen hatten, anderwärts die Möglichkeit der Berufsausübung suchen. P. Pankraz wollte ursprünglich ins Wiener Schottenstift gehen. Hoffte er doch, sich dort nebenbei dem Studium der Jurisprudenz widmen zu können. Da das Schottengymnasium jedoch damals keinen Geschichts- und Geographieprofessor benötigte, sandten ihn seine Oberen nach Kremsmünster. Hier war nämlich Prof. P. Bernhard Pösinger (+ 19. 12. 1921) von einem schweren Herzleiden befallen worden, so dass er seine Lehr- und Forschertätigkeit hatte einstellen müssen. So wurde denn P.Pankraz im Jahre 1921 Mitglied des Kremsmünsterer Lehrkörpers. Schon im folgenden Jahre ließ er seine Stabilität auf das Agilolfingerkloster übertragen (Dekret vom 5. September 1922). Natürlich erforderte dieser Übertritt aus einer jüngst begründeten Gemeinschaft in ein Stift mit alter Tradition von dem jungen Professor lange Zeit des Einlebens und der Gewöhnung. Am Gymnasium lehrte Stollenmayer mit großer Begeisterung. In den Ferien bereicherte er sein Wissen durch große Reisen (Schweiz, Italien, Belgien, Frankreich, Naher Osten). Natürlich wusste er diese Reiseerlebnisse nutzbringend in seinen Unterrichtsstunden zu verwerten. Neben seiner Lehrtätigkeit widmete er sich auch der Seelsorge. Er unterstützte da seinen Mitbruder P. Norbert Schachinger bei der Leitung von dessen Oblatengemeinschaft, woraus sich später die Kongregation der Schwestern vom Unbefleckten Herzen Mariens entwickelte. Als P. Norbert 1930/32 das Exerzitienhaus Subiaco bei Kremsmünster erbaute, hatte sein Mitbruder auch an den Vorarbeiten, bei der Wahl des Bauplatzes und hinsichtlich der modernen Form des Gebäudes wesentlichen Anteil.
Das Jahr 1938 brachte auch für P. Pankraz manche Veränderung. Der „Anschluss“ Österreichs an das Großdeutsche Reich führte im Sommer 1938 zur Vertreibung der geistlichen Professoren und Präfekten aus Gymnasium und Konvikt. So kam P. Pankraz im September 1938 als Kaplan in die Stiftspfarre Viechtwang, wo er sich mit dem ihm eigenen Eifer nunmehr der Seelsorge widmete, die damals mitunter recht schwierig war. In besonderer Weise widmete er sich dem Viechtwanger Kirchenchor. Zur Ausheilung einer Lungenerkrankung musste er sich schließlich 1942 einer längeren Kur in Obladis bei Landeck unterziehen. Nach dieser Kur wurde P. Pankraz als Kaplan nach Grünau versetzt.
Als nach Kriegsende Abt und Patres wieder in das 1941 aufgehobene Kloster zurückkehren konnten, ging man alsbald daran, Gymnasium und Konvikt wieder zu eröffnen. So wurde auch P. Pankraz im September 1945 von seinen Oberen ins Stift zurückgerufen, damit er dort wieder seine Lehrtätigkeit aufnehme. Nach dem Tod des Gymnasialdirektors, des P. Priors Richard Rankl (Dezember 1948), berief Abt lgnaz Schachermair am 6. Januar 1949 P. Pankraz auf diesen verantwortungsvollen Posten. Es war ein schwieriger Zeitpunkt. Sollte doch in diesem Jahr das Jubiläum des 400jährigen Bestehens des Stiftsgymnasiums begangen werden. Mit großer Hingabe und Einsatzbereitschaft widmete sich der Gymnasialdirektor auch diesen neuen Aufgaben. Vom frühen Morgen bis in den späten Abend hinein war er im Gymnasium anzutreffen. Ihm verdankt die Schule eine bedeutende Erweiterung. So wurde 1960/62 der Turnsaal zwischen Sternwarte und Gymnasium errichtet. Ein Chemie- und Naturgeschichtssaal, Garderobe und Bastelräume kamen hinzu. Auch der Sportplatz wurde großzügig ausgebaut. Ein Anliegen war für P. Pankraz auch ein gutes Verhältnis zu den Altkremsmünsterern, den ehemaligen Zöglingen unserer Anstalt. Eifrig förderte er den Alt-Kremsmünsterer-Verein und seine einzelnen Ortsgruppen. Trotz seines Arbeitspensums fand er immer wieder Zeit, an deren Treffen persönlich teilzunehmen. Viel verdankte dem Gymnasialdirektor von Kremsmünster auch das Privatgymnasium der Kamillianer in Losensteinleiten, dessen Weg zum öffentlichen Gymnasium er aufs wohlwollendste begleitete. Großen Ansehens erfreute sich P. Pankraz auch in anderen Lehranstalten unseres Landes. Dort schätzte man seine Kenntnisse, seine Gewissenhaftigkeit, Genauigkeit und sein Mühen um Objektivität, die sich besonders zeigten, wenn er den Vorsitz bei Maturitätsprüfungen führte.
Nicht unerwähnt darf die wissenschaftliche Tätigkeit P. Pankraz Stollenmayers bleiben. Ihm lag da besonders die Gründungs- und Frühgeschichte seiner Abtei am Herzen. Um sie kreisten immer wieder die Themen seiner Arbeiten. So sind hier besonders seine Arbeiten über den Tassilokelch und über die Tassiloleuchter zu erwähnen. Mag man auch nicht all seinen Thesen zustimmen, die er in seinen zahlreichen Werken aufgestellt hat, so haben sie doch zweifelsohne manch wertvolle Erkenntnis und manchen Denkanstoß vermittelt. In Erstaunen versetzt auch hier P. Pankraz‘ Fleiß, Erbe seiner schwäbischen Heimat. Entstanden doch diese gewissenhaft konzipierten Werke neben seiner Tätigkeit als Direktor und Professor. So ging er beispielsweise nach seinem Übertritt in den Ruhestand (1966) noch hochbetagt für einige Zeit nach England, um am Britischen Museum wissenschaftlich zu arbeiten.
Für seine rastlose Tätigkeit blieben auch entsprechende Ehrungen durch Kirche und Staat nicht aus. So ernannte ihn der Bischof von Linz 1947 zum Geistlichen Rat, und 1952 zum Konsistorialrat. Zwei Jahre danach erhielt er den Hofratstitel, im Jahre 1961 das „Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“ verliehen. 1964 wurde er zum Ehrenkonsulenten für Kunst und Wissenschaft der oberösterreichischen Landesregierung ernannt, 1975 zum Mitglied der Bayerischen Benediktinerakademie kooptiert. Seinen Ruhestand verbrachte der betagte Mann im Kreise der Mitbrüder, denen er durch seinen unermüdlichen Eifer bei Chorgebet und Liturgiefeier ein schönes Beispiel bot. Auch im hohen Alter blieb er allen modernen Einrichtungen gegenüber aufgeschlossen. Die neuen Initiativen seiner Abtei (Übernahme der Seelsorge in Mariazell und in der brasilianischen Großpfarre Barreiras) begleitete er mit seinem Interesse und seinem Gebet. Als seine Kräfte allmählich abnahmen, fügte sich P. Pankraz ergeben dem göttlichen Willen. „Heim zum Vater!“ war jetzt sein Sehnen, das ihm der Herr am 11. April 1980 erfüllte.

Benedikt Pitschmann OSB, Kremsmünster

Abt em. Dr. phil. Karl Sebastian Groß (3. August 1907 – 9. April 1980)

Am Mittwoch der Osterwoche, dem 9. April 1980, vollendete nach langer, mit viel Geduld ertragener Krankheit seinen irdischen Lebensweg Altabt Dr. phil. Karl Sebastian Groß OSB, von 1961 bis 1973 Abt von Ettal.
In Amberg/Oberpfalz, wo sein Vater Karl Groß Gymnasiallehrer war, wurde er am 3. August 1907 geboren und wuchs von sechs Geschwistern umgeben heran, religiös von seiner Mutter Maria Groß, geb. Englert, tief geprägt. Zu den Geschwistern dieser frommen Frau gehörte der Kapuzinerpater Sebastian Englert, Missionar und Sprachforscher auf der Osterinsel, gehört eine Benediktinerin auf Frauenchiemsee, und der Vater dieser insgesamt 13 Kinder wurde später selbst noch Priester.
In Ingolstadt, dem letzten Dienstort seines Vaters, besuchte Abt Karl die Volksschule und das Gymnasium, wechselte aber 1923 an unsere Schule über und gehörte von da an als Scholastiker jener Gruppe von Schülern an, die den Ordensberuf als Ziel hatten und im engeren Anschluss an das Kloster ihre eigene Erziehung erhielten. Im Frühjahr 1926 legte er die Reifeprüfung ab und wurde am 1. Mai als Novize eingekleidet. Sein Vater, der diesen Schritt seines Sohnes noch erlebte, starb im gleichen Jahr, und so erhielt der angehende Benediktinermönch bei der Profess am 2. Mai 1927 dessen Namen Karl.N
Nach einem Semester in Salzburg absolvierte er sein ganzes Theologiestudium am Ordenskolleg S. Anselmo in Rom, empfing am 26. Juli 1932 in der Münchener Michaelskirche durch Kardinal Faulhaber die Priesterweihe und studierte fortan in Würzburg – in den väterlichen Fußstapfen – Klassische Philologie mit Deutsch und Geschichte. Im letzteren Fach promovierte er bei Prof. Joseph Vogt, mit dem ihn lebenslänglich eine innige Freundschaft verband.
Als er 1937 nach vollendeten Staatsprüfungen nach Ettal zurückkehrte, blieben ihm noch vier Jahre der Lehrtätigkeit bis zur Wegnahme unserer Klosterschule durch das NS-Regime. Daraufhin im Herbst 1941 als Kaplan auf die Pfarrei Alberschwende im Bregenzer Wald geschickt, zog er sich bald durch die Strapazen in dieser ausgedehnten Bergpfarrei eine gefährliche Lungentuberkulose zu, von der er, zeitweise bereits aufgegeben, erst gegen Ende des Krieges wieder genesen konnte.
Als danach das Gymnasium dem Kloster zurückgegeben wurde, war er von Beginn an wieder unter den Lehrern und blieb es bis zum Ende des Schuljahrs 1971/72, unbestritten in seiner Hochachtung bei Lehrern wie Schülern. Besonders verbunden blieben ihm jene Klassen, die von ihm in Latein und Griechisch zum Abitur geführt und mit echter gymnasialer Bildung erfüllt wurden.
Da ihn aber nicht nur eine feine humanistische Geistigkeit kennzeichnete, sondern ebenso eine tiefe monastische Spiritualität, wurden ihm schon sehr bald entsprechende Aufgaben im Kloster übertragen. War er schon vor dem Krieg sogleich Direktor des Scholastikats bis zu dessen Auflösung im Jahr 1940 gewesen, so wurde er 1947 zum Präses der Marianischen Kongregation in unserem Internat bestellt, 1948 zum Novizenmeister, 1949 zum Subprior, 1955 zum Prior. Seine Gesundheit hatte sich mittlerweile wieder soweit gefestigt, dass er alle diese Aufgaben, zu denen von 1955 bis 1963 auch die Stellvertretung des Schulleiters kam, zu bewältigen vermochte, mit immer ausgeglichenem Wesen, verständnisvoll und diskret, aber konsequent und entschieden in der Verfechtung unaufgebbarer Positionen.
Als 1961 durch die Postulation von Abt Johannes M. Hoeck nach Scheyern eine Abtwahl notwendig wurde, fiel, wie zu erwarten, die einmütige Entscheidung des Konvents auf ihn, der damals dem Alter nach gerade in der Mitte der Wahlberechtigten stand. „Es war eine schwere Zeit für die Kirche, in der ich das Amt des Abtes angetreten habe. 1961 konnte man das noch nicht wissen.“ So schrieb Abt Karl acht Jahre später in seinem Testament, und er hat wahrhaftig schwer an den Wandlungen und Beunruhigungen getragen, die jenes Jahrzehnt brachte. In die zwölf Jahre, da er Abt von Ettal war, fielen mit dem II. Vatikanischen Konzil auch die tiefgreifende Neugestaltung der Liturgie, die religiöse Verunsicherung nicht nur der jungen Generation, die heftig aufbrechenden Tendenzen zu politischer und gesellschaftlicher Änderung, die sich auch auf den schulischen und erzieherischen Bereich auswirkten. Zugleich waren in Ettal größere Bauvorhaben durchzustehen, die auch bei einem tüchtigen Zellerar von Seiten des Abtes starke Nerven erforderten, so die Innenrestaurierung der Kirche, die Modernisierung des barocken Internatstrakts und endlich die Schließung der Baulücke zwischen Gymnasium und Kloster durch einen ausgedehnten Neubau.
Viel an Ermutigung brachte ihm da das freundschaftliche Verhältnis zu Kardinal Döpfner, der selbst erst wenige Tage zuvor das Bistum Berlin mit dem Erzbistum München vertauscht hatte, als er am 5. Oktober 1961 nach Ettal kam, um den neuen Abt zu benedizieren. Es folgte noch mancher Besuch und, zusammen mit Abt Karl, manche lange Bergwanderung, so wie auch Nuntius Bafile gern seinen Urlaub in Ettal verbrachte und in Abt Karl einen aufmerksamen Gastgeber und Gesprächspartner fand.
Ein bleibendes Denkmal, sinnbildlich für das, was sich immer wieder als Frucht gemeinsamer Bemühungen von Abt, Konvent und klugen Beratern ergab, ist der glücklich in den historischen Kirchenraum hineinkomponierte neue zentrale Altar, der mit Recht im Sockel das Wappen des Abtes Karl trägt: drei Sterne über einem dreigipfeligen Berg.
Dennoch drückte ihn immer schwerer seine äbtliche Bürde, glaubte er sich den nachkonziliaren Forderungen nach mehr Dialog in der Kirche nicht gewachsen, obwohl doch seine Wahl zum 1. Visitator der Bayerischen Benediktinerkongregation einen weiteren Vertrauenserweis über das eigene Kloster hinaus bedeutete. So reichte er schon 1968 seine Resignation ein, wurde aber durch das geschlossene Votum seines Konvents und der Visitatoren dazu überredet, weiter im Amt zu bleiben.
Nun aber machten sich zunehmend Auswirkungen seiner früheren Erkrankung, aber wohl auch seiner seelischen Belastung bemerkbar und nötigten ihn wiederholt zu längeren Krankenhausaufenthalten, die mit einzelnen hoffnungsvollen Perioden scheinbar völliger Genesung wechselten. Schließlich musste 1973 seinem neuerlichen Wunsch, von der äbtlichen Verantwortung befreit zu werden, doch entsprochen werden.
Dankbar zog er sich zurück, blieb aber unter seinen Mitbrüdern und widmete seine verbleibenden, noch einmal wieder zunehmenden Kräfte der wissenschaftlichen Arbeit, die bei ihm seit seinem Studium nie ganz geruht hatte. Neben seiner langjährigen Mitarbeit u. a. am Reallexikon für Antike und Christentum wuchs sein umfangreiches Werk über „Menschenhand und Gotteshand in den antiken Religionen der Mittelmeerwelt“, das sich in der Drucklegung befindet (erschienen 1985).
Durch das Hinzukommen eines Leberschadens verschlechterte sich sein gesundheitlicher Zustand während des letzten halben Jahres zusehends, und als er sich am 27. März zum dritten Mal in diesem Jahr ins Kreis-Krankenhaus Garmisch-Partenkirchen in die bewährten Hände seiner Ärzte begeben mußte, wurde es vielen deutlich, dass er nur als ein Sterbender oder Toter nach Ettal zurückkehren werde.
Dass sein Todestag in die Osterwoche fiel, wurde allen, denen der Abschied von ihm schwer fiel, Trost und Wegweisung. Es entsprach dies so recht seinem Wesen, das sich durch eine Meisterschaft im Erweisen von kleinen, das Leben erhellenden Aufmerksamkeiten auszeichnete. Bei aller von ihm so wichtiggenommenen „gravitas“ als einer so römisch wie benediktinischen Haltung eignete ihm ja doch ebenso jene sublime Heiterkeit, die mit „gratia“ zu bezeichnen wäre und sehr viel mit christlicher Gnade zu tun hat, jene Anmut, die seine peinliche Gewissenhaftigkeit und harte Arbeit an sich selbst überstrahlte. Als dritte seiner am treffendsten auch lateinisch zu bezeichnenden Eigenschaften muss seine „pietas“ genannt werden, in der er seinen leiblichen Verwandten, besonders seiner hochbetagt verschiedenen Mutter, ebenso zugetan war wie seinen Mitbrüdern und hier vor allem seinem ersten geistigen Vater im Kloster, dem demütigen Abt Willibald Wolfsteiner, den er in einer feinsinnigen Biographie darstellte, darin sich selbst ein Leitbild vorzeichnend.
Seine schmalen Schultern hatten viel zu tragen, sein tapferes Herz viel zu erdulden. Dass ihm nun auch die verheißene Erquickung der Beladenen zuteil werde, die Vergeltung für seinen „in Treue und Milde“ gemäß seinem Wahlspruch geleisteten Dienst, ist unser Gebet, in das wir alle bitten miteinzutreten.

Abt Edelbert Hörhammer und Konvent von Ettal