2019

P. DDr. Leo Weber SDB (12. Dezember 1928 – 15. Dezember 2019)

Am 15. Dezember 2019, dem 3. Advent, verstarb im Kloster Benediktbeuern Salesianerpater DDr. Leo Weber im 92. Lebensjahr. Er war seit 1989 außerordentliches Mitglied der Bayerischen Benediktinerakademie in der historischen Sektion. Am 21. Dezember 2019 wurde Leo Weber in Benediktbeuern bestattet. Bei dem eindrucksvollen Requiem in der Benediktbeurer Basilika nahm eine große Trauergemeinde Abschied von dem hochgeschätzten Gelehrten und Seelsorger. Direktor Pater Dr. Lothar Bily SDB würdigte in seiner Ansprache den Verstorbenen umfassend. Unter den zahlreichen Konzelebranten der Messfeier, welcher in Vertretung des verhinderten Provinzials der deutschen Ordensprovinz der Provinzökonom Pater Stefan Stöhr SDB vorstand, befanden sich der frühere Erzbischof von Salzburg, Dr. Alois Kothgasser SDB, der einst als Kollege Leo Webers an der Hochschule in Benediktbeuern gelehrt hat, und Abtpräses Barnabas Bögle OSB aus Ettal. Ein Ehrengeleit der Gebirgsschützen hatte vor dem Sarg Aufstellung genommen. Im Anschluss an das Requiem wurden von kommunalen Repräsentanten sowie Vertretern der Gebirgsschützen und des Rotary Clubs Bad Tölz Nachrufe vorgetragen, in denen die allgemeine hohe Wertschätzung für den Verstorbenen einen schönen Ausdruck fand. Danach formierte sich ein feierlicher Trauerzug von der Basilika zum Friedhof; der Sarg wurde von acht Gebirgsschützen getragen. Die Beerdigung Pater Webers durch Direktor Bily erfolgte auf dem Ordensfriedhof der Salesianer. Unmittelbar nach dem Abschluss der Begräbnisliturgie ließ die Blaskapelle den Bayerischen Defiliermarsch erklingen.
Leo Weber entstammte einer kinderreichen Familie und wurde am 12. Dezember 1928 in Gosheim, Kreis Tuttlingen, geboren. Nach dem Schulbesuch machte er zunächst eine Lehre im Malerhandwerk und wurde 1945 noch zum Arbeitsdienst und zur Ausbildung als Soldat eingezogen; im Herbst 1945 kehrte er aus der Kriegsgefangenschaft in Frankreich heim. Die damals gemachten Erfahrungen trugen wohl zu einer Neuorientierung in seinem Leben bei und ließen ihm das Priestertum zum Ziel werden. So bereitete Weber sich bei den Salesianern Don Boscos in Buxheim und Benediktbeuern auf das Abitur vor und legte 1952 in Ensdorf die Ordensprofess ab. Nach ordensüblichen pädagogischen Einsätzen und dem philosophisch-theologischen Studium in Benediktbeuern wurde Leo Weber am 29. Juni 1961 in Benediktbeuern zum Priester geweiht.
Von den Ordensoberen für eine spätere Lehrtätigkeit an der Hochschule vorgesehen, konnte Pater Leo Weber seine Studien an der Ludwig-Maximilians-Universität München fortsetzen und 1970 bei Professor Georg Schwaiger (1925–2019), der ihm nur wenige Wochen im Tode vorausgegangen ist, mit einer kirchengeschichtlichen Arbeit zum Dr. theol. promovieren. Das Thema seiner Dissertation war „Veit Adam von Gepeckh, Fürstbischof von Freising, 1618–1651“ (veröff.: SABKG 3/4, 1972). 1971 nahm Leo Weber seine Lehrtätigkeit als Dozent an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benediktbeuern auf. Eine ins Auge gefasste Habilitation für das Fach Kirchengeschichte bei Schwaiger wurde nicht umgesetzt, weil zu jener Zeit an der Münchner Katholisch-Theologischen Fakultät noch generelle Vorbehalte dagegen herrschten, Ordensleute zu habilitieren. Leo Weber griff stattdessen ein anderes akademisches Projekt auf, das wiederum Freising und das 17. Jahrhundert betraf, und promovierte im Jahre 1983 bei Professor Norbert Lieb (1907–1994) in München im Fach Kunstgeschichte auch zum Dr. phil.; dazu behandelte er „Die Erneuerung des Domes zu Freising 1621–1630. Mit Untersuchungen der Goldenen-Schnitt-Konstruktionen Hans Krumppers und zum Hochaltarbild des Peter Paul Rubens“ (veröff.: 1985).
Von 1981 bis zur Entpflichtung im Jahre 2000 lehrte Pater Weber als ordentlicher Professor Kirchen- und Kunstgeschichte an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benediktbeuern. „In dieser Zeit prägte er etliche Generationen zukünftiger Priester, Pastoralreferenten und Religionslehrer. Die Studenten haben ihn stets als kompetenten, engagierten, ebenso geistreichen wie humorvollen Wissenschaftler und Lehrer in Erinnerung behalten, der sich auch nicht scheute, zu aktuellen Themen entschieden Stellung zu nehmen.“ (L. Bily)
Als Forscher setzte sich Pater Weber mit verschiedenen Sachgebieten auseinander. Er befasste sich mit dem Kloster Benediktbeuern und dessen Geschichte, mit kunstgeschichtlichen Themen vor allem des Barock, mit lokalhistorischen Gegenständen aus dem Umfeld Benediktbeuerns und aus seiner schwäbischen Heimat sowie mit der Geschichte und den Gebräuchen der bayerischen Gebirgsschützen. Die von Norbert Wolff zusammengestellte „Auswahlbibliographie Leo Weber“, die in der ihm gewidmeten Festschrift erschienen ist, bietet einen guten Überblick zu dem beachtlichen Ertrag seiner Forschungen (Benediktbeuern. Erbe und Herausforderung. Festgabe für L. Weber zum 80. Geburtstag, hg. v. N. Wolff [BBSt 12], 2008, S. 272–277).
Der jahrzehntelange Aufenthalt in Benediktbeuern hat Pater Weber im bayerischen Oberland Wurzeln schlagen und heimisch werden lassen. Er interessierte sich für die Region an der Loisach und setzte sich mit ihr in verschiedener Weise auseinander; das machte ihn zum vielfach gefragten Referenten bei besonderen Veranstaltungen der Erwachsenenbildung oder bei Jubiläen. Das Interesse an der Geschichte und an der kulturellen Bedeutung des Gebirgsschützenwesens und das damit zusammenhängende Engagement von Leo Weber waren auch Anlass für die Ehrung durch den Bund der bayerischen Gebirgsschützen. Die Gemeinde Benediktbeuern machte den angesehenen und beliebten Erforscher der örtlichen Geschichte anlässlich des 80. Geburtstags im Jahre 2008 zu ihrem Ehrenbürger. Neben seinen Aufgaben an der Hochschule und in der Erforschung und fachlichen Vermittlung historischen und kulturellen Wissens wirkte Pater Weber immer auch als Seelsorger und nahm entsprechende Aufgaben gerne und mit großem Einsatz wahr. Als echtem Salesianer Don Boscos war ihm besonders die Förderung der Jugend ein großes Anliegen.
Ein Kirchenhistoriker, der in Benediktbeuern lebt und lehrt, kommt gar nicht umhin, auch das „benediktinische Jahrtausend“ des Klosters vom 8. bis zum 18. Jahrhundert in den Blick zu nehmen und zu bearbeiten. Dies galt schon für Pater Dr. Karl Mindera SDB (1906–1973), der Leo Webers Vorgänger als Benediktbeurer Klosterhistoriker gewesen ist und der gleichfalls der Benediktinerakademie angehört hat. Aufgrund seiner Arbeiten und Interessen war auch Leo Weber für die Aufnahme in unsere Akademie prädestiniert; sie ist 1989 erfolgt. Er hat sich gern an den Unternehmungen insbesondere der historischen Sektion beteiligt und, abgesehen von den von Krankheit geprägten letzten Lebensjahren, regelmäßig an den Veranstaltungen teilgenommen. Bei den Sektionstagungen konnte wiederholt seine kunsthistorische Kompetenz zur Geltung kommen, wenn er die Führung der Exkursionen übernahm und den Teilnehmern die besichtigten Objekte überaus kundig erschloss. Er hat dazu beigetragen, dass die Sektionstagung im Jahre 2002 in Benediktbeuern gehalten wurde, und an der Organisation dieser Veranstaltung mitgewirkt (vgl. SMGB 114, 2003, S. 533 f.). Bei der neuen Ausgabe des Bayern-Bandes im Rahmen des Akademie-Projekts Germania Benedictina ist ihm der Artikel zu Benediktbeuern zu verdanken (Männer- und Frauenklöster der Benediktiner in Bayern, bearb. v. M. Kaufmann u. a. [GermBen 2], 2014, S. 293–322). Seine menschlichen und fachlichen Qualitäten machten ihn zu einem sehr geschätzten Mitglied der Akademie.
Die Bayerische Benediktinerakademie und ihre historische Sektion, der Pater Leo Weber SDB drei Jahrzehnte lang angehört hat, blicken dankbar auf dessen Leben und Wirken und bewahren ihm ein ehrendes Andenken.

Stephan Haering OSB, München/Metten

Professor Dr. Dr. h.c. Georg Schwaiger (23. Januar 1925 – 9. November 2019)

Am 9. November 2019 verstarb in München Prälat Professor Dr. Dr. h.c. Georg Schwaiger im 95. Lebensjahr. Der Heimgegangene war seit 1968 Mitglied der Bayerischen Benediktinerakademie in der historischen Sektion. Er wurde am 13. November 2019 in seiner Heimat Hienheim bei Neustadt an der Donau unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und insbesondere der lokalen Vereine, als deren großzügiger Förderer sich Professor Schwaiger stets gezeigt hatte, im Elterngrab beigesetzt. Unter den Trauergästen befand sich, neben den zahlreichen örtlichen Teilnehmern und verschiedenen Kollegen aus der Professorenschaft, auch Bischof Dr. Rudolf Voderholzer aus Regensburg, der den Verstorbenen im Anschluss an das Requiem in der Pfarrkirche St. Georg durch einen persönlichen Nachruf würdigte. Für die Katholisch-Theologische Fakultät München sprach deren Prodekan, Professor Dr. Franz Xaver Bischof, und danach für die Benediktinerakademie der Verfasser dieser Zeilen als derzeitiger Dekan der historischen Sektion.
Georg Schwaiger wurde am 23. Januar 1925 in Hienheim in einer bäuerlichen Familie geboren. Seiner niederbayerischen Heimat und der Familie blieb er zeitlebens treu verbunden und leistete auch als Münchner Universitätsprofessor immer wieder seelsorgliche Dienste in Hienheim. Er hat seiner Ursprungs- und Primizgemeinde sogar eine eigene monographische Publikation mit dem Titel „Die Pfarrei Hienheim in Geschichte und Gegenwart“ (1986) gewidmet.
Durch das nahegelegene Kloster St. Georg zu Weltenburg, das seine Familie bei besonderen Anlässen aufsuchte, kam Schwaiger schon während seiner frühen Kindertage in ersten Kontakt mit Benediktinern. Der damalige Weltenburger Abt Emmeram Gilg (1887–1973, Abt 1923–1968), der in der Pfarrei Hienheim bisweilen als Beichtvater aushalf, beeindruckte als geistliche Persönlichkeit schon den Heranwachsenden. Noch nach Jahrzehnten wies Schwaiger immer wieder mit hoher Anerkennung auf Abt Emmeram hin und ließ ihn sogar in das von Manfred Weitlauff zusammengestellte Verzeichnis der „Zeugen christlichen Glaubens in Bayern“ eintragen, das heilige und heiligmäßige Personen systematisch erfasst (Bavaria Sancta III, 1973, S. 510). Die engen Beziehungen Georg Schwaigers zur Abtei Weltenburg hatten ein ganzes Leben lang und selbst über den Tod hinaus Bestand. Bereits im Jahre 1963 hat Schwaiger sich unter dem Namen Frater Tassilo als Weltoblate dem klösterlichen Konvent von Weltenburg angeschlossen. Es spricht auch für sich, dass die letzte große Buchpublikation „Kloster Weltenburg. Geschichte und Gegenwart“ (2014), die Schwaiger herausgegeben und wofür er mehrere eigene Beiträge verfasst hat, die altehrwürdige niederbayerische Abtei am Donaudurchbruch behandelt. Auf den ausdrücklichen, schon vor langem geäußerten Wunsch des Betroffenen hin fungierte Abt Thomas M. Freihart, der gegenwärtige Vorsteher des Klosters Weltenburg, am 13. November 2019 in Hienheim als Zelebrant des Requiems und der Beerdigung von Georg Tassilo Schwaiger und erwies dem Toten diesen letzten Dienst christlicher Liebe.
Georg Schwaiger studierte, nach dem Besuch des Gymnasiums in Regensburg sowie Kriegsdienst und Gefangenschaft, ab 1945 zunächst in Regensburg und dann von 1947 an als Alumne des Herzoglichen Georgianums an der Ludwig-Maximilians-Universität München katholische Theologie und Geschichte. Bereits 1950 promovierte er unter der Ägide des Kirchenhistorikers Franz Xaver Seppelt (1883–1956) mit einer Studie zu Kardinal Franz Wilhelm von Wartenberg, einem Regensburger Bischof des 17. Jahrhunderts, zum Doktor der Theologie (veröff.: MThS.H 6, 1954). Die frühe Promotion des erst 25-Jährigen zeugt von dessen großer Zielstrebigkeit und auch von zähem Fleiß; diese Eigenschaften zeichneten Georg Schwaiger nicht nur in seinen jungen Jahren aus. Schwaigers treue Dankbarkeit gegenüber seinem akademischen Lehrer Seppelt, dessen papstgeschichtliches Werk er weitergeführt hat, kam noch in fortgeschrittenem Alter sichtbar zur Geltung. Denn anlässlich des 50. Todestages würdigte er Seppelt in einem besonderen literarischen Beitrag („Franz Xaver Seppelt in Breslau und München“, in: Dienst an Glaube und Recht. FS für G. May zum 80. Geburtstag, hg. v. A. Egler, W. Rees [KStT 52], 2006, S. 295–314; auch: ASKG 64, 2006, S. 202–221).
Am 26. März 1951 empfing Georg Schwaiger im Dom zu Regensburg durch den damaligen Diözesanbischof, Erzbischof Michael Buchberger (1874–1961), zusammen mit 27 weiteren Diakonen die Priesterweihe und wirkte danach ein Jahr lang als Kaplan in Wörth an der Donau. Dann kehrte er nach München und an die Ludwig-Maximilians-Universität zurück und habilitierte sich 1955 auf der Grundlage einer Untersuchung über die altbayerischen Bistümer Freising, Passau und Regensburg im Zeitraum zwischen der Säkularisation 1803 und dem Abschluss des bayerischen Konkordats 1817 für das Fach Kirchengeschichte (veröff.: MThS.H 13, 1959).
Der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München blieb Schwaiger sein ganzes akademisches Leben lang treu. Zunächst lehrte er dort einige Jahre als Privatdozent und außerplanmäßiger Professor, bis er 1962 den neu geschaffenen Lehrstuhl für Bayerische Kirchengeschichte übernehmen konnte. 1969 erhielt er einen Ruf an die Universität Tübingen, den er jedoch nicht annahm. Im Jahre 1971 wechselte Schwaiger, nach dem Ausscheiden von Professor Hermann Tüchle (1905–1986) aus dem aktiven akademischen Dienst, auf den Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, den er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1993 innehatte. Zahlreiche Schüler gelangten unter seiner Betreuung zu ihren akademischen Graduierungen. Mehrmals diente Georg Schwaiger als Dekan seiner Fakultät.
Die Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit von Georg Schwaiger lagen auf der Geschichte des Papsttums und der Päpste, der altbayerischen Kirchengeschichte und der Theologiegeschichte, insbesondere des 19. Jahrhunderts. Die hohe Bedeutung von Johann Michael Sailer (1751–1832) für die kirchliche Erneuerung in Bayern und Deutschland nach dem kirchlichen Zusammenbruch der Säkularisation wurde besonders durch Veröffentlichungen Georg Schwaigers herausgestellt und ins allgemeine Bewusstsein gehoben. Mit seinen zahlreichen Büchern, Aufsätzen, Lexikonartikeln und weiteren Arbeiten hat Schwaiger in mehr als sechs Jahrzehnten ein fachliterarisches Werk von beeindruckendem Umfang vorgelegt, das in seiner thematischen Fülle und in seiner Wirkung an dieser Stelle indes nicht im Einzelnen ausgelotet werden kann (vgl. das bis 2002 reichende Schriftenverzeichnis: BGBR 36, 2002, S. 469–488).
Georg Schwaigers großes Engagement für die Erforschung und Darstellung der Kirchengeschichte Bayerns kam nicht zuletzt seinem Heimatbistum Regensburg zugute. Er war maßgeblich an der Gründung des Vereins für Regensburger Bistumsgeschichte (1967) und der Schaffung des angesehenen Jahrbuchs „Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg“ (BGBR) beteiligt, wovon neben den 53 Jahresbänden, die bis 2019 vorliegen, bislang auch noch 27 Beibände (BGBR.B) erschienen sind.
Die eingehende Beschäftigung mit der Kirchengeschichte Altbayerns trug, neben den bereits erwähnten frühen Beziehungen zum Kloster Weltenburg, gleichsam wie von selbst dazu bei, Professor Schwaiger in einen noch engeren Kontakt zu den Benediktinern zu bringen. Bei der großen Gedenkfeier der Bayerischen Benediktinerkongregation anlässlich des 100. Todestages des bayerischen Königs Ludwig I. (1786–1868), die am 29. Februar 1968 in der Münchner Abtei St. Bonifaz begangen wurde, hielt Schwaiger den wissenschaftlichen Vortrag „König Ludwig I. von Bayern“ (ZKG 79, 1968, S. 180–197); Ludwig I. hatte wesentlichen Anteil an der Wiederbelebung des benediktinischen Mönchtums in Bayern im 19. Jahrhundert gehabt.
In der Folge wurde Georg Schwaiger als außerordentliches Mitglied in die Bayerische Benediktinerakademie aufgenommen, der er mehr als ein halbes Jahrhundert die Treue gehalten hat; bei seinem Tode war er das Mitglied mit der aktuell längsten Zugehörigkeit zur Benediktinerakademie. An den verschiedenen Veranstaltungen der Akademie und deren historischer Sektion nahm er lange Zeit mit großer Regelmäßigkeit teil und begleitete die akademischen Unternehmungen mit seinem abgewogenen Rat und seiner fachlichen Expertise. Wiederholt hat er in der Zeitschrift unserer Akademie publiziert. Bei den Sektionstagungen zeigte er sich auch für frohe Geselligkeit im Kreis von Gleichgesinnten aufgeschlossen. Erst in den letzten Jahren hat Georg Schwaiger sich etwas zurückgezogen.
Die Loyalität Georg Schwaigers gegenüber den Benediktinern erwies sich auch in der Form konkreter Unterstützung. Nach dem überraschenden Tode von Benno Hubensteiner (1924–1985), der als Schwaigers Nachfolger seit 1973 den Münchner Lehrstuhl für Bayerische Kirchengeschichte innehatte, übernahm dieser bereitwillig die finale Begleitung der von Professor Hubensteiner betreuten benediktinisch-historischen Dissertationen der allzu früh verstorbenen Schäftlarner Patres Wolfgang Winhard (1946–2007) über das Kloster Wessobrunn im 18. Jahrhundert und Martin Ruf (1952–2008), der das Professbuch der Abtei Rott am Inn bearbeitet hat; so gelangten diese bereits weit gereiften Promotionsvorhaben zu ihrem erfolgreichen Abschluss. Pater Wolfgang Winhard konnte sich noch nach Jahrzehnten seines Rigorosums, das unter dem Vorsitz Schwaigers durchgeführt worden ist, genau erinnern und es mitunter wieder lebendig werden lassen. Er und Pater Martin Ruf haben sich lange Jahre als verlässliche Stützen der Benediktinerakademie erwiesen.
Georg Schwaiger schätzte die Bedeutung von Mönchtum und Orden für die Geschichte und das Leben der Kirche hoch ein und nahm mit großem Bedauern den aktuellen Schwund des Ordenswesens hierzulande zur Kenntnis. In den von ihm verantworteten umfangreichen biographischen Sammelwerken „Bavaria Sancta. Zeugen christlichen Glaubens in Bayern“ (3 Bde., 1970–1973), „Christenleben im Wandel der Zeit“ (2 Bde., 1987) und „Lebensbilder aus der Geschichte des Bistums Regensburg“ (2 Bde., 1989) wurden viele historisch bedeutsame Ordensleute berücksichtigt. Speziell mit bayerischen Benediktinerklöstern, besonders Weltenburg, hat Schwaiger sich immer wieder befasst, dazu Vorträge gehalten und entsprechende Beiträge publiziert (vgl. SMGB 87, 1976, S. 24–36; BGBR 11, 1977, S. 51–59; BGBR 12, 1978, S. 7–60; SMGB 91, 1980, S. 103–114; SMGB 103, 1992, S. 189–208).
Über den engeren Bereich von Theologie und Kirche hinaus wirkt das von Schwaiger herausgegebene einschlägige Lexikon „Mönchtum, Orden, Klöster. Von den Anfängen bis zur Gegenwart“ (1993; weitere Aufl. 1994, 1998, 2003); es wurde ins Italienische (1997) und ins Spanische (1998) übersetzt. Auch das von Georg Schwaiger zusammen mit seinem akademischen Schüler Manfred Heim verfasste Bändchen „Orden und Klöster. Das christliche Mönchtum in der Geschichte“ (2002; weitere Aufl. 2004, 2008, 2016), das für die weit verbreitete Reihe C.H. Beck Wissen geschrieben wurde, trägt solide Information zu diesem Gegenstand an eine größere Öffentlichkeit heran.
Das umfangreiche Wirken Georg Schwaigers fand vielfache Anerkennung. Zu seinem 65. Geburtstag wurde ihm die von Manfred Weitlauff und Karl Hausberger herausgegebene stattliche Festschrift „Papsttum und Kirchenreform. Historische Beiträge“ gewidmet (1990). Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Regensburg hat Schwaiger im Wintersemester 2001/02 durch die Verleihung der theologischen Doktorwürde honoris causa ausgezeichnet; der Laudator Konrad Baumgartner präsentierte den Ehrenpromovenden dabei als einen „Aventinus des 20. Jahrhunderts“ (BGBR 36, 2002, S. 459–468). Darüber hinaus hat Schwaiger weitere öffentliche Ehrungen von Seiten des Staates und der Kirche erfahren, darunter die Ernennung zum Ehrenprälaten (1982) durch Papst Johannes Paul II. (1978–2005).
Die Bayerische Benediktinerakademie und ihre historische Sektion blicken mit großem Respekt auf Leben und Werk dieses geistlichen Gelehrten und bewahren ihrem langjährigen Mitglied Georg Schwaiger ein ehrendes Andenken.

Stephan Haering OSB, München/Metten

P. Prof. DDr. Ulrich Faust OSB (23. August 1935 – 8. Oktober 2019)

Pater Ulrich wurde am 23. August 1935 in Harburg-Wilhelmsburg, südlich der Elbe, geboren und erhielt den Taufnamen Jürgen. Von mütterlicher Seite ist er mit der altangesehenen Hamburger Reederfamilie Sietas verbunden, über den Vater führt eine Linie zu Salzburger Exulanten. Die Familie hatte ihre geistige Heimat im konservativen protestantischen Milieu.
Er wuchs mit einer Schwester und einem Bruder auf, besuchte in Harburg-Wilhelmsburg die Volksschule und das Gymnasium. Prägend waren für ihn zwei Lehrer, die nicht nur das Fachwissen in Religion und Geschichte vermittelten, sondern auch als Nichttheologen und gläubige Menschen in einer weithin säkularisierten Großstadt den Schülern Religion nahebrachten. Jürgen Faust engagierte sich mit Enthusiasmus in einer kirchlichen Jugendgruppe, mit der er während der Ferien mit dem Fahrrad historische Stätten von Kirche und Religion in Schleswig-Holstein und Niedersachen besuchte. Von dem Leiter seiner Jugendgruppe wurde er auf die Zeitschriften „Hochland“ und „Benediktinische Monatschrift“ aufmerksam gemacht, deren letztere den monastischen Frühling nach dem Ersten Weltkrieg in lebendiger Weise vermittelte. Diese Lektüre erweckte sein Interesse an den Benediktinern, die er zum ersten Mal in der Abtei Maria Laach in der Eifel erlebte. Ferienaufenthalte der Familie führten ihn immer wieder in das Allgäu. Dort waren es die bayerischen Königsschlösser und die Stadt Füssen mit der Klosterkirche St. Mang, die auf ihn einen prägenden Eindruck machten. Von dort führte ihn der Weg zu dem damals fast 1200jährigen Ottobeuren, das seine neue Heimat werden sollte.
Zwei Wochen nach seinem Abitur am 1. März 1955, trat er in die ehrwürdige ehemalige Reichsabtei Ottobeuren, den schwäbischen Escorial, ein. Sein Bildungsweg nach dem Noviziat (erste Profess: 1. Mai 1956) war lang und differenziert. Ein Jahr (SS 1956–SS 1957) studierte er Philosophie an der ehemaligen Benediktineruniversität Salzburg. Es folgte von 1957 bis 1962 das Studium der Theologie am Päpstlichen Athenäum S. Anselmo in Rom, wo er den Grad eines Lizentiaten und das Doktorat erwarb. Die Priesterweihe erfolgte in der römischen Zeit, am 17. Juli 1960. 
Pater Kassius Hallinger war dort sein Lehrer in Kirchengeschichte. Als dieser sich ganz der Herausgabe des „Corpus Consuetudinum Monasticarum“ widmete und keine Seminare mehr hielt, wurde er Schüler von Dom Jean Leclercq. Der Jesuit Henri de Lubac wies ihn auf Gottfried von Admont hin, über den er mit einer 1965 erschienenen Dissertation promovierte. Pater Ulrich wurde am 17. Juli 1960 zum Priester geweiht. In Rom legte er seine Profess ab.
Es folgte ein Zweitstudium der Geschichte und Germanistik in München (WS 1962/63–WS 1965/66) und Tübingen (SS 1966–SS 1967). In Tübingen absolvierte er die Prüfung für das erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. Er wohnte in einem Zimmer in dem nahe der Stadt gelegenen Schloss Roseck, wo er die spirituelle Betreuung der franziskanischen Schwesterngemeinschaft neben dem Studium übernahm. Danach folgte die Referendarzeit in der hohenzollerischen Stadt Hechingen und im altwürttembergischen Calw, bevor er an die Schule des Klosters Ottobeuren zurückkehrte und dort die zweite Dienstprüfung ablegte.
Der Religionswissenschaftler Friedrich Heiler regte ihn zu einer religionswissenschaftlich-germanistischen Dissertation an, die er in an der Universität Salzburg 1976 (29. Januar) abschloss und die 1977 unter dem Titel „Mythologien und Religionen des Ostens bei Johann Gottfried Herder“ erschien. Das Angebot einer Assistentenstelle, später der eines wissenschaftlichen Mitarbeiters am Internationalen Forschungszentrum in Salzburg im Jahre 1974 (1. Febr.) eröffnete eine neue wissenschaftliche und berufliche Perspektive. 1987 wurde er mit der Leitung der Abteilung „Geschichte des Mönchtums und Patrologie“ des Forschungszentrums betraut.
Seine akademische Karriere setzte er an der Universität Graz fort, wo er sich 1983 mit einer Arbeit „Christo servire libertas est. Zum Freiheitsbegriff des Ambrosius von Mailand“ für das Fach „Allgemeine Kirchengeschichte“ habilitierte. Zugleich wurde er zum Universitätsdozenten ernannt. Vier Jahre später wurde er zum Professor für Kirchengeschichte an das Priesterseminar in Hildesheim berufen. Seine intensive Beschäftigung mit der Klostergeschichte dieses Raumes war eine Frucht dieser Tätigkeit. 1990 wurde ihm schließlich der Titel eines Universitätsprofessors verliehen.
Mit der Bayerischen Benediktinerakademie war Pater Ulrich seit langem verbunden und 1971 zum Mitglied der Historischen Sektion der Akademie gewählt. 1987 wurde er zum Dekan dieser Sektion gewählt und nach dem Tod von Pater Aegidius Kolb (1923–93) Hauptredaktor der „Germania Benedictina“, welche als Handbuch der Benediktinerklöster des Alten Reiches 1965 ins Leben gerufen worden war. Zugleich übernahm er die Redaktion der Zeitschrift „Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens“. Beide Ämter übte er bis zur Jahressitzung der Benediktinerakademie in Ottobeuren im November 2014 aus, als er sie aus Altersgründen niederlegte. Kurz darauf konnte er noch bei einer festlichen Buchpräsentation im Bibliotheksraum von Kloster Andechs drei neue Bände der Germania Benedictina entgegennehmen, welche in einer Neuauflage die Benediktinerklöster im bayerischen Raum behandeln. Der gewachsene Umfang (2854 Seiten gegenüber 416 Seiten in der Auflage von 1970) zeigt deutlich, wie unter der Ägide von Pater Ulrich die Vorgaben und der Anspruch der Reihe erweitert wurden, von deren bislang 18 Teilbänden er 15 persönlich betreute. Gerade bei diesem anspruchsvollen Editionsprojekt konnte er sein organisatorisches Talent entfalten, da dabei sehr viele Beiträge und Beiträger zu koordinieren und hohe Finanzierungsbeträge durch Sponsoren aufzubringen waren. Seine stets elegante Erscheinung kam ihm dabei durchaus zur Hilfe. Die Benediktinerakademie würdigte sein verdienstvolles Wirken durch Herausgabe einer Festschrift mit dem programmatischen Namen „Germania Sacra“, die ihm zu seinem 80. Geburtstag überreicht wurde.
In Ottobeuren hatte er über lange Jahre, insbesondere nach der Aufgabe seiner Professur in Hildesheim, als Archivar der Abtei seinen wissenschaftlichen Mittelpunkt, der ihm zum wichtigen Partner für alle kirchengeschichtlichen Institutionen in München, in Oberbayern und insbesondere in Bayerisch-Schwaben machte. Dort entstanden seine eigenen wissenschaftlichen Beiträge in vielen Zeitschriften, Festschriften und historischen Sammelwerke. Beispielhaft erwähnt seien seine Beiträge über die Prälatenorden im „Handbuch für bayerische Kirchengeschichte“ und über die Benediktiner im Handbuch „Orden und Klöster im Zeitalter von Reformation und katholischer Reform“. Die Themen seiner Arbeiten gelten seinem Heimatkloster, der alten Reichsabtei Ottobeuren, der mit ihr verbundenen Kartause Buxheim, der geistlichen Suevia, den Benediktinern in Bayern, der monastischen Geschichte des norddeutschen Raumes, insbesondere denen in der Diözese Hildesheim, sowie der des österreichischen Mönchtums. Über seine zahlreichen Publikationen gibt ein Literaturverzeichnis in der Festschrift Auskunft. Neben allen anderen legte er über zwei Jahrzehnte hinweg pünktlich einen gewichtigen und inhaltsschweren Band der „Studien und Mitteilungen“ vor, in dem die neue deutschsprachige Forschung zur Ordensgeschichte ein Forum für den geistigen Austausch findet. Ein besonderes Verdienst war es, dass es ihm gelang, die wichtige Publikation über die barocken Baupläne der Abtei Ottobeuren zu einem glücklichen Ende zu bringen, welche eindrucksvoll die enorme Planungsarbeit bei diesem Meisterwerk der europäischen Baukunst dokumentiert. Die Republik Österreich endlich würdigte sein wissenschaftliches Werk und insbesondere seine großen Verdienste bei der Herausgabe der dreibändigen „Austria Benedictina“ durch die Verleihung des „Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst erster Klasse“ (2003). Nach längeren Spannungen im eigenen Konvent war Pater Ulrich 2007 von Ottobeuren zur Abtei Marienberg in Südtirol gewechselt, mit der ihn seit langem persönliche Beziehungen und wissenschaftliche Interessen verbanden. Ein großes Anliegen war ihm dabei die Aufstellung seiner beeindruckenden Fachbibliothek mit gut 20.000 Bänden, die ihm auch im abgelegenen Vinschgau qualifiziertes wissenschaftliches Arbeiten ermöglichte. Zunehmend machte sich in diesen Jahren auch ein zuletzt schnell fortschreitender Gedächtnisschwund bei ihm bemerkbar, wobei seine Mitbrüder ihn liebevoll begleiteten und betreuten. Abt Markus Spanier fuhr ihn im Jahr 2015 noch persönlich zu einer Tagung der Benediktinerakademie in Erfurt, welche ihm immer ein Herzensanliegen gewesen war und von ihm über viele Jahre mustergültig organisiert worden waren. In Erfurt konnten viele seiner Weggefährten noch von ihm persönlich Abschied nehmen. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in stiller Zurückgezogenheit in Marienberg. Bei der Beerdigung, die am 12. Oktober 2019 und genau während einer Tagung der Bayerischen Benediktinerakademie in Stift Seitenstetten stattfand, würdigte Erzabt Korbinian Birnbacher als Präsident der Akademie die vielfältigen Verdienste des Verstorbenen. 

Franz Quarthal, Rottenburg / Cyrill Schafer OSB, St. Ottilien

Dr. Irmtraud Freifrau von Andrian-Werburg (9. November 1943 – 20. April 2019)

Am 20. April 2019 ist Dr. Irmtraud Freifrau von Andrian-Werburg in Nürnberg im Hospiz Xenia verstorben. Damit ist – nach heutiger Auffassung zu früh – ein Leben zu Ende gegangen, das ganz im Zeichen der Geschichtsforschung stand.
Als Irmtraud Liebeherr wurde sie am 9. November 1943 in Mainz geboren. Wegen der Kriegszerstörung von Mainz, aber auch weil der Vater seit 1944 an der Ostfront vermisst war, zog die Mutter mit Irmtraud und einer älteren Schwester nach Udenheim in Rheinhessen, wo der Großvater als protestantischer Pastor wirkte und die Familie aufnehmen konnte. Nach der Rückkehr nach Mainz 1955 legte Irmtraud dort 1963 am Humanistischen Gymnasium das Abitur ab und studierte anschließend Geschichte, Latein und Germanistik an der Universität Mainz. 1968 schloss sie das Studium mit dem Staatsexamen ab und promovierte 1970 bei Prof. Ludwig Petry in Mittelalterlicher Geschichte. Ihre Dissertation „Der Besitz des Mainzer Domkapitels im Spätmittelalter“ erschien 1971 in den Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte als Band 14 im Druck. Der Themenkomplex Domkapitel prägte auch in den folgenden Jahren ihre wissenschaftliche Tätigkeit. 1975 folgte ein Aufsatz über „Das Mainzer Domkapitel als Wahlkörperschaft des Erzbischofs“ in: Willigis und sein Dom. Festschrift zur Jahrtausendfeier des Mainzer Doms 975–1975. Inzwischen hatte Irmtraud Liebeherr das Referendariat an der Bayerischen Archivschule abgelegt (1970–1973) und arbeitete seit 1973 als Archivrätin am Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München. Dort übertrug man ihr als der Spezialistin für Domkapitel die Großaufgabe, den Urkundenbestand des Augsburger Domkapitels, der im 19. Jahrhundert nach dem Pertinenzprinzip auf mehrere andere Bestände verteilt worden war, zu rekonstruieren. Bis ca. 1980 hatte sie die Aufgabe bewältigt und das Urkundenarchiv des Augsburger Domkapitels mit über 8.000 Urkunden wieder hergestellt. Den Unterbestand Pfründen, womit die Aufschwörakten der Domherren gemeint sind, verzeichnete sie detailliert, Schriftstück für Schriftstück, in einem Spezialrepertorium. Der weitere berufliche Lebensweg führte sie dann mehr zu archivischen Verwaltungsaufgaben, indem ihr die Leitung des Fotolabors und der Restaurierungswerkstätte übertragen wurde.
Ihre Heirat mit dem Berufskollegen Klaus Freiherr von Andrian-Werburg 1982, der damals als Leiter des Staatsarchivs München tätig war, änderte ihr Leben grundlegend. Als Baron Andrian 1985 als Archivdirektor an das Staatsarchiv Nürnberg versetzt wurde, schied sie aus der staatlichen bayerischen Archivverwaltung aus und folgte ihrem Mann nach Nürnberg. Doch schon ab 1986 konnte sie in Nürnberg wieder in ihrem geliebten Archivarsberuf tätig werden, indem sie die Leitung des Archivs des Germanischen Nationalmuseums übernahm. Ihre neue Aufgabe bedeutete die Betreuung des dort von Anfang an bestehenden Historischen Archivs und in immer stärkerem Umfang die Leitung des Deutschen Kunstarchivs, das sie maßgeblich ausbaute und zu seiner heutigen Bedeutung führte. Trotz ihrer neuen Aufgaben und ihres neuen Wohnortes arbeitete sie unverdrossen an dem noch in München begonnenen großen Werk weiter, dem Band Wessobrunn in der Reihe der Germania Sacra. Mit über 600 Seiten sollte er ihr opus magnum werden. 2000 konnte sie ihn abschließen; 2001 ist er im Druck erschienen und in Wessobrunn vorgestellt worden. Um diese herausragende wissenschaftliche Leistung zu würdigen, wurde sie noch im gleichen Jahr als außerordentliches Mitglied in die Bayerische Benediktinerakademie aufgenommen.
Ihre Tätigkeit im Germanischen Nationalmuseum erlaubte es ihr jedoch nicht mehr, ein weiteres benediktinisches Thema aufzugreifen. Die Veröffentlichungen ihrer letzten 20 Berufsjahre sind deshalb fast ausschließlich aus ihrer Berufstätigkeit hervorgegangen, indem sie Ausstellungen des Germanischen Nationalmuseums vorbereitete und die Ausstellungskataloge dazu verfasste. Beispielhaft seien genannt: 350 Jahre Pegnesischer Blumenorden (1994), Schätze und Meilensteine deutscher Geschichte aus dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg (1997), Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg: Gründung und Frühzeit (2002). Ferner Ausstellungen zu den Künstlern Heinz Trökes, Karl Hartung, Max Kaus, Georg Tappert, Carl-Heinz Kliemann. Nach ihrer Pensionierung 2008 widmete sie sich vor allem der Zusammenführung und Verzeichnung des Familienarchivs Andrian-Werburg.
Wo immer ihr Lebensmittelpunkt war, stets schloss sie sich einem qualitätvollen Chor an, in München z.B. dem Münchener Motettenchor. Sie war eine gefragte Sängerin und Singen bedeutete ihr seit ihrer Kindheit sehr viel. 2013 wurde bei ihr Krebs festgestellt und es folgten schwierige Jahre des Ankämpfens gegen die Krankheit. Um die Jahreswende 2018/2019 stand fest, dass sie diesen Kampf verloren hatte. Mit bemerkenswerter Festigkeit, ja sogar mit einer gewissen Heiterkeit und vor allem mit großer Gläubigkeit lebte sie die letzten Wochen und Monate, bis der Tod sie erlöste.
Joachim Wild

Äbtissin Edeltraud Forster OSB (9. November 1922 – 28. März 2019)

Der Sterbetag unserer Mutter Edeltraud war einer der ersten strahlenden Frühlingstage des Jahres 2019. Schon am Morgen schien die Sonne zum Fenster hinein und Mutter Edeltraud schaute mit großen Augen zum Himmel. In den Nachmittagsstunden war es dann soweit: mitten in der Fastenzeit wurde für sie Ostern – und sie durfte die Herrlichkeit des Auferstandenen schauen. Damit erfüllte sich für Mutter Edeltraud ihr Professspruch: „Gloriam vidi resurgentis“, der sie zeitlebens begleitet und aus dessen Geheimnis sie gelebt hat. „Der Tod von Mutter Edeltraud“, so schrieb uns Pater Dr. Elmar Salmann aus der Abtei Gerleve, „lässt uns alle zurückdenken an große Zeiten; ich nannte sie mit einer Anspielung an eine Novelle von Gertrud von Le Fort gern ‚die große Äbtische‘. Wie viel an Vitalität, Lebensklugheit, Frömmigkeit, Leitungsstärke und Sinn für das Mysterium sich in ihr vereinten! Sie stammte noch aus einer Zeit, die solche Gestalten ermöglichte.“ 
Äbtissin Mutter Edeltraud, mit Taufnamen Mathilde Maria, wurde am 09. November 1922 als Tochter der Eheleute Josef und Maria Forster in Bottrop geboren. Nach dem Abitur und während des Krieges leistete sie Lazarettdienst als Krankenschwester. Ab 1946 studierte sie zunächst Religionspädagogik und später Theologie an der Universität Münster. Mit ihren damaligen Lehrern Josef Pieper und vor allem Hermann Volk, dem späteren Bischof von Mainz, verband sie eine lebenslange Freundschaft. 1947 bat sie in der Abtei St. Hildegard um die Aufnahme und sollte am 8. April 1949 dort eintreten. Ihre feierliche Profess legte sie am Osterdonnerstag 1954 ab, die Jungfrauenweihe spendete ihr Abt Basilius Ebel aus der Abtei Maria Laach. Ab 1961 übernahm Mutter Edeltraud als Novizenmeisterin für 17 Jahre die Sorge für den klösterlichen Nachwuchs. 
Am 17. August 1978 wurde sie zur dritten Äbtissin von Neu-St. Hildegard und damit zur 38. Nachfolgerin der heiligen Hildegard gewählt. Am 15. September 1978 empfing sie die Benediktion durch Weihbischof Walther Kampe, Limburg. Ihren 20 Jahre währenden äbtlichen Dienst stellte sie unter das Leitwort „Inveniamur in Christo – Eins werden in Christus“. Mutter Edeltrauds Engagement für die Beuroner Kongregation wurde in vielen Kondolenzen hervorgehoben. Altabt Christian Schütz, Schweiklberg, schrieb: „In meinen Augen verkörperte Mutter Edeltraud in authentischer Weise das Charisma einer Benediktinerin der Beuroner Kongregation, beschenkt mit dem genuinen Charme ihrer Frohnatur. In ihrer Gebetstreue wusste ich mich durch all die Jahre getragen, begleitet und aufgehoben. Die Begegnung mit ihr gehört für mich zu den kostbarsten Schätzen meines langen Ordenslebens.“
Besonders verbunden fühlte sich Mutter Edeltraud zeitlebens der Bayerischen Benediktinerkongregation. Über viele Jahre begleitete sie das Bayerische Commune-Noviziat in alljährlich stattfindenden Studienwochen. Nicht wenige heutige Äbte und Novizenmeister, auch ein Bischof, waren ihre „Söhne in Christo“ und blieben ihr bis zu ihrem Tod eng verbunden. 
1992 wurde sie in Anerkennung ihrer vielfältigen Verdienste in die Theologische Sektion der Bayerischen Benediktinerakademie aufgenommen. 1998 in die „Academia Scientiarum et Artium Europaea“, in die europäische Akademie der Wissenschaften. Besonders engagiert hat sich Mutter Edeltraud für die Gründung der „Monastischen Informationen“, die dem Austausch unter den benediktinischen Klöstern dienen sollte.
Ihre Begeisterung für die orthodoxe Liturgie wurde durch P. Irenäus Totzke OSB/ Niederaltaich geweckt, der einmal jährlich bei und mit uns die orthodoxe Liturgie feierte und führte zu einer aktiven Verbundenheit mit dem Collegium Orientale in Eichstätt. Eine tiefe geistliche Freundschaft verband sie mit Hans Urs von Balthasar und Adrienne von Speyer. Ihre Jesuitenfreunde Prof. P. Medard Kehl, Prof. P. Erhard Kunz und Prof. P. Werner Löser, alle Dogmatiker an der Hochschule Frankfurt / St. Georgen, kamen regelmäßig zu Diskussionsrunden und Gesprächen vorbei, ebenso auch die Professoren Eugen Biser und Jörg Splett, die unseren Konvent mit Vorträgen und geistlichen Impulsen bereicherten. Eine Freundschaft ganz besonderer Art war die zu Frau Mechtild Herder und ihrem verstorbenen Mann, dem Verleger Hermann Herder.
Immer nahm Mutter Edeltraud mit wachem und kritischem Interesse Anteil an den Entwicklungen in der Gesellschaft und in der Kirche und war auch bereit „Neuland unter die Füße“ zu nehmen, wenn sie darin einen Anruf Gottes vernahm. So auch, als Bischof Josef Homeyer 1983 mit der Bitte auf sie zukam, in seinem Bistum Hildesheim ein neues Kloster zu gründen. Am 05. Mai 1988 wurde unser Priorat Marienrode gegründet. 
In die Amtszeit von Mutter Edeltraud fielen auch die beiden so wichtigen Hildegard-Jubiläumsjahre 1979 und 1998, die die neuzeitliche Renaissance der heiligen Hildegard einläuteten. Am Ende des Jubiläumsjahres 1998 – am 20. September – trat Mutter Edeltraud nach Erreichung des 75. Lebensjahres von ihrem Amt zurück. Es fiel ihr nicht leicht, ihren Dienst in jüngere Hände abzugeben. Und bisweilen steuerte sie beim Einzug in den Chor schnurstracks auf den äbtlichen Thron zu, um dann im allerletzten Moment auf ihren neuen Platz abzubiegen. Mutter Clementia, ihre Nachfolgerin, ertrug dies mit großer Gelassenheit, mit Humor und viel Liebe. 
Nach ihrer Emeritierung war Mutter Edeltraud weiterhin eine viel gefragte Gesprächspartnerin, die unzähligen Menschen Orientierung und Hilfe gab.
Eine besondere Freude war es für sie, dass sie – zusammen mit unserer viel zu früh verstorbenen Mutter Clementia – die Heiligsprechung und Kirchenlehrererhebung Hildegards von Bingen durch Papst Benedikt XVI. am 07. Oktober 2012 noch persönlich in Rom miterleben durfte. Es war die letzte große Reise, die Mutter Edeltraud antrat, und wir alle staunten, mit welcher Energie und Freude sie die Strapazen bewältigte. Das letzte große Fest, das wir mit ihr feiern konnten, war ihr 90. Geburtstag am 9. November 2012. Alle, die dabei sein konnten, werden sich an das fröhliche Miteinander erinnern. Es war ein wirkliches Fest des Dankes für ein geglücktes und gesegnetes Leben.
Am 28. März 2019, dem ersten Frühlingstag des Jahres, durfte sie still zum Herrn heimgehen.

Sr. Philippa Rath OSB, Eibingen

P. Dr. Benedikt Pitschmann OSB (24. Februar 1932 – 21. Januar 2019)

Am 21. Januar 2019 verstarb im Klinikum Wels (Oberösterreich) P. Dr. Benedikt Pitschmann aus dem Stift Kremsmünster. Er stand im 87. Lebensjahr. Der Heimgegangene fand am 29. Januar 2019 auf dem Konventfriedhof in Kremsmünster seine letzte Ruhestätte. P. Dr. Benedikt Pitschmann gehörte der Bayerischen Benediktinerakademie seit 1979 als Mitglied in der historischen Sektion an.
Leo Josef Pitschmann wurde am 24. Februar 1932 in Mannersdorf am Leithagebirge in Niederösterreich geboren, nahe an der Grenze zum Burgenland. Das Gymnasium besuchte er in Wien, Bruck an der Leitha und schließlich, nach dem Umzug der Familie nach Pettenbach, im Stift Kremsmünster. Nach der Matura trat Leo Pitschmann 1952 als Novize in Kremsmünster ein und erhielt den Ordensnamen Benedikt. Im Anschluss an die zeitliche Profess 1953 nahm er die theologischen Studien in Rom an der Ordenshochschule S. Anselmo auf, legte 1956 die ewige Profess ab und wurde 1957 zum Priester geweiht.
Zur Vorbereitung auf eine künftige Lehrtätigkeit am Stiftsgymnasium studierte P. Benedikt ab 1958 an der Universität Wien Geschichte und später auch Germanistik. Er vertiefte sich besonders in die historischen Studien und absolvierte in den Jahren 1959 bis 1962 als außerordentliches Mitglied den 49. Kurs des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung (MIÖG 70 [1962], S. 517). Mit einer Studie zum Thema „Abt Bonifaz Negele von Kremsmünster 1639–1645. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte des 17. Jahrhunderts“, promovierte Pitschmann 1963 zum Dr. phil.; die Dissertation blieb ungedruckt.
Von 1965 bis 1994 wirkte P. Benedikt Pitschmann als Lehrer am Stiftsgymnasium Kremsmünster. Er unterrichtete Deutsch, Geschichte und Stenographie und war darüber hinaus einige Jahre als Konviktspräfekt tätig. Neben häufigen Aushilfen in der Seelsorge nahm er auch verschiedene Funktionen innerhalb des Klosters wahr. So war er viele Jahre lang Betreuer der Briefmarkensammlung, Kustos der Münzsammlung und Chronist. Die qualifizierte historische Ausbildung, die P. Benedikt an der Universität Wien genossen hatte, prädestinierte ihn für die Tätigkeit im Archiv des Stifts Kremsmünster, dem er sich jahrzehntelang eingehend widmete. 1968 wurde er zum Adjunkten des Stiftsarchivars P. Dr. Willibrord Neumüller (1909–1978) bestellt und hatte von 1978 bis 2007 selbst die Leitung des Stiftsarchivs inne.
Für die Aufnahme in die Bayerische Benediktinerakademie hatte sich P. Benedikt Pitschmann durch seine fundierten historischen Forschungen und Publikationen empfohlen. Neben den verschiedenen Aufgaben, die ihm übertragen wurden, fand er noch Zeit wissenschaftlich zu arbeiten und teils umfangeiche historische Abhandlungen zu verfassen. Inhaltlicher Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeiten waren überwiegend Themen aus der Geschichte des Stifts Kremsmünster oder seines Umfelds. Bemerkenswert sind auch vier Beiträge zu Geschichte und Gegenwart der Kirche in Russland und benachbarter Regionen, die in den Jahren des politischen Umbruchs erschienen sind (1988–1991). Das Schriftenverzeichnis P. Benedikts ist von beachtlicher Länge.
Bereits die erste Publikation Pitschmanns ist in der Zeitschrift unserer Akademie erschienen. Es ist der Beitrag „Die Franzosen in Kremsmünster (1800–1801)“ (SMGB 78 [1967], S. 168–274). Es handelt sich dabei um die 1962 bei Professor Alphons Lhotsky (1903–1968) vorgelegte Hausarbeit zum Ausbildungskurs des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Eine andere größere Publikation in unserem Periodikum ist die Edition aus dem Clm 2296 der Bayerischen Staatsbibliothek München „Aus dem Tagebuch eines Flüchtlings des Dreißigjährigen Krieges. Abt Karl Stengel von Anhausen in Kremsmünster“, die P. Benedikt anlässlich des 1200-Jahr-Jubiläums seines Klosters veröffentlichte (SMGB 88 [1977], S. 53–145). Daneben finden sich weitere Fachbeiträge und Nachrufe, die er für diese Zeitschrift verfasst hat.
Zusammen mit seinem Mitbruder P. Dr. Theodorich Pichler (1915–1991) bearbeitete P. Benedikt für die Benediktiner-Bibliographie den Beitrag zu Kremsmünster (Bibliographie der deutschsprachigen Benediktiner 1880–1980, Bd. 1, St. Ottilien 1985 [= SMGB.E 29/1], S. 188–219). Für das gleichfalls von der Bayerischen Benediktinerakademie getragene Projekt der „Germania Benedictina“, hat er den umfangreichen Artikel zum Stift Kremsmünster verfasst (Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster in Österreich und Südtirol, bearb. von Ulrich Faust und Waltraud Krassnig, Bd. 2, St. Ottilien 2001 [= GermBen 3/2], S. 163–252). Auch an der groß angelegten Nationalbiographie „Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950“ (ÖBL), die von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften verantwortet wird, hat P. Benedikt Pitschmann mitgearbeitet und von 1972 bis 2001 einige Artikel für dieses Werk beigesteuert. Viele Veröffentlichungen Benedikt Pitschmanns sind im Jahresbericht des Stiftsgymnasiums Kremsmünster oder in regionalen Periodika erschienen.
Als im fortgeschrittenen Alter sich Krankheit und Schwäche zunehmend bemerkbar machten, verminderten sich P. Benedikts forscherische Energie und literarische Produktivität allmählich und versiegten schließlich ganz. Sein letztes Jahrzehnt lebte er, gesundheitlich beeinträchtigt und auf Hilfe angewiesen, zurückgezogen in der Krankenabteilung des Stifts Kremsmünster.
P. Benedikt Pitschmanns umfangreiches Wirken auf verschiedenen Gebieten ist mehrfach anerkannt und gewürdigt worden. Die Diözese Linz ehrte den Seelsorger mit der Verleihung des Titels eines Geistlichen Rates (1974) und eines Konsistorialrates (1996). Die gymnasiale Unterrichtstätigkeit P. Benedikts wurde durch den ihm verliehenen Titel „Oberstudienrat“ ausgezeichnet (1991). Weitere Würdigungen waren das Goldene Ehrenzeichen des Verbandes Österreichischer Philatelisten-Vereine (2002) und das Verdienstzeichen in Silber der Marktgemeinde Pettenbach (2005).
Die Bayerische Benediktinerakademie und ihre historische Sektion bewahren ihrem langjährigen Mitglied P. Benedikt Pitschmann ein ehrendes Andenken.

Stephan Haering OSB, Metten/München