2000

P. Frumentius Renner OSB (2. Mai 1908 – 18. Dezember 2000)

Am 18. Dezember verstarb friedlich im 93. Lebensjahr P. Frumentius Renner OSB (Erzabtei St. Ottilien), nachdem er noch kurz zuvor von Erzabt Jeremias Schröder Abschied genommen und die Krankensalbung erhalten hatte. Mit gewohnter Umsicht hatte P. Frumentius alles für sein Ableben vorbereitet. Wenige Tage vor seinem Tod hatte er noch eine Selbstbiographie abgeschlossen unter dem Titel »Neun Jahrzehnte im Rückspiegel«. Dabei hatte er sogar noch die Bebilderung selbst festgelegt.
Frumentius kam am 2. Mai 1908 als Sohn des Landwirts Josef Renner im oberschwäbischen Schnürpflingen (Kreis Ulm) zur Welt. Dank guter schulischer Leistungen wurde er an die Klosterschule St. Ottilien geschickt, da »dort die Pension am billigsten war«. Nach dem Abitur am staatlichen Gymnasium in Dillingen, an welchem die Ottilianer Zöglinge die letzten drei Schuljahre zu absolvieren pflegten, trat er im Jahre 1928 in das Noviziat ein, das er trotz ernster gesundheitlicher Schwierigkeiten mit der ersten Profess beenden konnte. Es schloss sich das Studium der Philosophie im eigenen Haus und ab 1931 in München an. Dort durfte er auch als Famulus von Professor Martin Grabmann wirken, wobei freilich eine von Grabmann gewünschte Promotion aufgrund seines stets prekären Gesundheitszustandes und wohl auch aufgrund der Klostererfordernisse nicht verwirklicht werden konnte. Nach der Priesterweihe am 17. März 1934 durch Abtbischof Joachim Ammann von Lindi und Studienende im folgenden Jahr begann P. Frumentius als Zelator, Hilfsorganist und Seelsorger an der Klosterpforte seine über 6 Jahrzehnte währende Tätigkeit in St. Ottilien.
Im April 1940 erfolgte die Einberufung als Sanitätssoldat in die Wehrmacht. Als die Erzabtei im Frühjahr 1941 von der Gestapo besetzt und in ein Militärlazarett umgewandelt wurde, musste er dort als zwangsverpflichteter Sanitäter mitarbeiten. Kurz vor der Auflösung der Erzabtei half er noch dabei mit, einen beträchtlichen Teil des Klosterarchivs zu vernichten. Diese Maßnahme war notwendig, da von der Erzabtei eine umfangreiche Korrespondenz mit wichtigen Persönlichkeiten des deutschen Katholizismus geführt wurde, die möglicherweise von den Nationalsozialisten propagandistisch oder erkennungsdienstlich ausgewertet worden wäre. Dank eines phänomenalen Gedächtnisses konnte jedoch P. Frumentius die vernichteten Dokumente in seine späteren Arbeiten zur Klostergeschichte einbeziehen.
Nach Kriegsende tat sich P. Frumentius zunächst beim Neuguss der Kirchenglocken hervor, da die Nationalsozialisten die alten hatten einschmelzen lassen. In diesem Zusammenhang begann er auch seine Forschungen zur Raumakustik, worüber er auch veröffentlichte. In den folgenden Jahrzehnten war er zusätzlich noch als Lateinlehrer und Organist (bis 1993) im Einsatz. Vor allem jedoch wirkte er als Archivar und Klosterchronist (1958-84), Kalenderpater (1974-85) und Herausgeber der vierbändigen Kongregationsgeschichte »Der fünfarmige Leuchter« (1971-1992). Wohl kaum eine Benediktinerkongregation kann sich einer derartig umfassenden Beschreibung ihrer Tätigkeit rühmen, auch wenn der vielfach detailreichen Quellenforschung manche konzeptionellen Schwächen gegenüberstehen.
Das wissenschaftliche und auch populäre Schrifttum von P. Frumentius ist kaum überschaubar. Über seine Veröffentlichungen bis 1980 gibt die »Bibliographie der deutschsprachigen Benediktiner« Auskunft. Über sein späteres literarisches Wirken berichtet die hier anschließende Auswahlbibliographie. Ein Schwerpunkt seines Forschens blieb zeitlebens der historische Bereich. Wie P. Frumentius in seiner Autobiographie hervorhebt, verdankt er als Autodidakt hier viel der Benediktinerakademie, deren historische Sektion ihm in ihren Sitzungen »besten Nachhilfeunterricht« erteilte. Gerade innerhalb ihres Rahmens war P. Frumentius als regelmäßiger Mitarbeiter tätig, wie vermittels eines Überblicks über Ottilianer Autoren in der bereits erwähnten Benediktinerbibliographie oder auch in der Geschichte der Ottilianer Kongregation im Einleitungsband der Germania Benedictina.
Innerhalb der Veröffentlichungen von P. Frumentius bildete die Regelforschung eines besonderen Schwerpunkt. In mehreren Aufsätzen neigte er als einer der ersten deutschen Forscher zu einer Priorität der Magisterregel (dazu B. Jaspert, Die Regula Benedicti – Regula Magistri-Kontroverse, in: RBSt Suppl. 3, S. 34-59). Weitere Schriften befassten sich mit exegetischen Themen, wobei er auf formanalytischen Wege besonders den Psalm 119 und den Prolog des Johannesevangelium untersuchte. Daneben standen eine ganze Reihe von Publikationen zur Kirchen-, Kloster- und Ordensgeschichte im heimatlichen Raum Oberschwaben/Augsburg. Erinnert sei nur an seinen Aufsatz über das Kloster Sandau, das er aufgrund der Ausgrabungen Ende der siebziger Jahren als eigenständige Gründung Benediktbeurens zu identifizieren glaubte. Vor allem jedoch schrieb P. Frumentius über drei Jahrzehnte hinweg zur Ottilianer Kongregationsgeschichte. Neben dem erwähnten opus magnum entstanden dabei eine ganze Reihe von Monographien, in denen er es geschickt verstand, Historisches und Erbauliches zu vermischen. So trug er auch letzthin einen Überblick zu den Ottilianer Martyrern für das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts (»Zeugen für Christus«) bei, wobei die biographische Konzeption des Werkes zu einer Zerstückelung seines Beitrags zwang.
Wissenschaftlich weniger geschätzt, dafür mehr gelesen waren seine Schriften zu verschiedensten theologischen und kirchenpolitischen Themen. Eine besondere Breitenwirkung erzielten dabei die Publikationen zu Exorzismus und Segen, Dämonologie und Engelkunde, Erdstrahlen und Pendeln. Kurz vor seinem Tode konnte P. Frumentius noch erleben, wie ein mit ihm geführtes Interview unter dem Buchtitel »Wahre Wunder« einen bundesweiten Erfolg erzielte. Die reißerische Gestaltung des Bandes störte dabei P. Frumentius wenig, da er einer populären Breitenwirkung durchaus positiv gegenüberstand.
Auch im Fernsehen war P. Frumentius mehrfach zu sehen, besonders in Sendungen zu naturheilkundlichen Mitteln. Auf diesem Gebiet galt er weithin als Fachmann, so dass sein medizinischer und seelsorglicher Rat von früh bis spät an der Klosterpforte gesucht wurde. Dabei konnte er mit großer Hellsicht unzähligen Menschen helfen, so dass er sich in gewissen Kreisen den Ruf eines »Sehers« erwarb. Ihre Dankbarkeit gilt ihm über seinen Tod hinaus, wie der reiche Besucherstrom zu seiner Grabstätte zeigt.
Mit seinem Tod hat für die Gemeinschaft von St. Ottilien der Übergang von der mündlichen zur schriftlichen Tradition eingesetzt. P. Frumentius war der letzte Mönch, der den Klostergründer P. Andreas Amrhein noch persönlich gekannt hat. In gewisser Weise verkörperte er das lebendige Bindeglied zu den Wurzeln der Abteigeschichte. Vor allem jedoch wird er in der kollektiven Erinnerung der Gemeinschaft als ein gütiger und weiser Mensch weiterleben, der mit feinem Humor und schwäbischer Schlagfertigkeit die monastischen Grundwerte lebte und vermittelte.

Auswahlbibliographie seit 1980:
Benedictus – Bote des Friedens: Papstworte zu den Benediktusjubiläen von 1880-1980, EOS, St. Ottilien 1982; Erzbischof Joann Schachovskoy – Botschaft der Auferstehung, EOS, St. Ottilien 1982; Sakrale Kunst der Jugenstilepoche in St. Ottilien, in: Jb. d. Vereins für christl. Kunst 12 (1984), S. 110-119; Die Kongregation von St. Ottilien und ihre Filiationen: Zum hundertjährigen Bestehen St. Ottiliens, in: StMB 95 (1984), S. 19-45; Georg Magg: Christus – ansonsten nichts! Eine Neuübersetzung des dunklen Pauluswortes 2 Kor 5,16, EOS, St. Ottilien 1992; Verkannte Kostbarkeiten des Neuen Testaments. Literarkritische Studien, EOS, St. Ottilien 1992; Christi gewaltige Macht in Wort, Weihe und Segen, Kral Verlag, Abensberg 1996; Im Kampf gegen Magie und Dämonie, Sankt Meinrad Verlag, Sinzig 1997; Die Benediktinerkongregation von St. Ottilien, in: Germania Benedictina I, hg. von Ulrich Faust/Franz Quarthal, EOS, St. Ottilien 1999, S. 797-832; Wahre Wunder: Aufzeichnungen aus dem geheimen Archiv des Pater Frumentius über das Wirken von Engeln und Dämonen, hg. von Fritz Fenzl, Nymphenburger Verlag, München 2000. Demnächst posthum: Neun Jahrzehnte im Rückspiegel, EOS, St. Ottilien.

P. Dr. Beda (Kuno) Thum OSB (11. Dezember 1901 – 2. August 2000)

Kuno Thum entstammte einer Lehrerfamilie und wurde am 11. Dezember 1901 in Regensburg geboren. Er war das jüngste von fünf Geschwistern. 1920 machte er an der Oberrealschule in Regensburg das Abitur, trat anschließend in das Lehrerseminar Pasing ein, studierte aber gleichzeitig an der Universität München Mathematik, Philosophie und Theologie. Nach Abschluss der Ausbildung am Lehrerseminar bat er am 12. Februar 1922 Abt Willibald Adam von Metten um Aufnahme ins Noviziat. In seinem Gesuch schrieb er: „Die ideale Gemeinschaft des Klosterlebens, in der jede Persönlichkeit durch das Ziel der Vervollkommnung bestimmt und dem ganzen Lebenszweck nach auf Gott ausgerichtet ist, scheint (dem Unterzeichneten) die endliche Verwirklichung eines Ideals zu sein, das in der öffentlichen Welt vergebens nachzuahmen versucht wird.“ Der Entschluss, in Metten einzutreten, war sicher durch seine Freundschaft mit zwei jungen Mettener Patres beeinflusst, Romuald Edenhofer und P. Bernhard Straßer, die er als Student kennengelernt hatt. Bei der Profess am 37 Mai 1923 erhielt er den Namen des heiligen Beda, dem schon seine Zeitgenossen Gelehrsamkeit, Frömmigkeit und Liebenswürdigkeit nachrühmten. Am 10. April 1926 wurde er in Regensburg zum Priester geweiht, anschließend studierte er in Würzburg Mathematik und Physik fürs Lehramt, in Mathematik promovierte er summa cum laude mit einer Arbeit über die Lösung von Randwertaufgaben der Wärmelehre und Potentialtheorie. Seine Zukunft als Fachlehrer am Mettener Gymnasium schien damit vorgezeichnet. Aber es kam anders. Am Gymnasium unterrichtete er nur zwei Jahre; selbst für die Schüler der Oberstufe war seine Diktion zu anspruchsvoll. So kam der Ruf an die Ordenshochschule Sant‘Anselmo in Rom seinen Oberen und wohl auch ihm recht gelegen; allerdings nicht als Professor für Mathematik, sondern für Philosophie, was zwar seinen Interessen, aber nicht seiner Ausbildung entsprach. P. Beda arbeitete sich mit dem ihm eigenen Fleiß in nahezu alle Disziplinen der Philosophie hinein: Naturphilosophie, Metaphysik, Ontologie, Wertphilosophie, Sprachanalyse, Evolution und Geschichte, Mystik, politische Theorie, Logik usw. Er arbeitete alle seine Vorlesungen handschriftlich aus und feilte unermüdlich daran. Von seinen mehr als 100 Veröffentlichungen waren fast alle Aufsätze in Fachzeitschriften und Beiträge für Lexika wie das LThK. Umfangreiche Werke zu publizieren scheute er aus der Besorgnis heraus, seine Erkenntnisse und Lösungen könnten unter Umständen bereits überholt sein, bis das Werk im Druck erschien.
Seine wissenschaftliche Leistung fand rasch Anerkennung. Seit 1931 war er Mitglied der Bayerischen Benediktinerakademie, seit 1961 Mitglied der Görres-Gesellschaft, 1962 wurde er in die Katholische Akademie Wien aufgenommen. Zur Professur in Rom seit 1931 übernahm er 1948 einen Lehrauftrag an der Theologischen Fakultät in Salzburg. Dem Ruf an die Katholisch-Theologische Fakultät der Wiener Universität im Jahre 1962 glaubte er sich nicht entziehen zu dürfen, bereute es aber bald, da er gegen die liberale Mehrheit der Professoren innerhalb der Fakultät einen schweren Stand hatte. Um so lieber kehrte er nach seiner Emeritierung 1972 nach Salzburg zurück, wo er bis 1978 als Wissenschaftler unermüdlich tätig war. Danach übernahm er das Amt eines Spirituals in Mitterndorf, dem Klostergut der Abtei Frauenchiemsee, und hielt die Sonntagsgottesdienste für die benachbarte Gemeinde Gstadt, die ihn zum 65-jährigen Priesterjubiläum 1991 gebührend feierte.
Beda war nicht nur ein in Fachkreisen hochgeschätzter Gelehrter, er blieb auch als Professor. und Dekan der demütige Mönch, der mit äußerster Gewissenhaftigkeit seine monastischen Pflichten erfüllte, der aber auch viel Verständnis für die schlichte Frömmigkeit des Volkes hatte und sie selber übte. Der tägliche Rosenkranz war ihm bis in die letzten Lebenstage ein Herzensbedurfnis. Seine Liebenswürdigkeit und sein köstlicher Humor strahlten·auf alle aus, die als Mitbrüder. als Kollegen und als Studenten mit ihm zu tun hatten. Obwohl·er wider alle medizinische Vernunft lebte (viel·Pfeifentabak, noch mehr Kaffee und wenig frische Luft), blieb er von ernsthaften Krankheiten·verschont und erfreute sich bis zum Tode einer geistigen Frische und Lebendigkeit, die alle erstaunte. Das schwerste Opfer, das Gott von ihm im Alter·verlangte, war sicher das Nachlassen der Sehkraft; er konnte in den letzten Jahren nicht mehr schreiben und nicht mehr lesen. Mitbrüder lasen ihm vor; natürlich nur anspruchsvollste Lektüre, z. B. fünf Bände „Theodramatik“ von H. U. v. Balthasar.
Als die Abtei Frauenchiemsee das Gut Mitterndorf aufgab, kehrte P. Beda in sein Heimatkloster zurück, liebevoll betreut von Schwester Josefa Mayer, die ihm schon in den Jahren vorher eine unentbehrliche Stütze gewesen war. Im Juni 1999 begab er sich in die vorzügliche Pflegeabteilung der Abtei Schweiklberg, wo er sich sehr wohlfühlte. Bis zum letzten Tag zeigte er sich an wissenschaftlichen Problemen, aber auch am Zeitgeschehen lebhaft interessiert. Heftig Schmerzen·im Bauch und hohes Fieber machten am 1. August seine Einweisung ins Krankenhaus Vilshofen notwendig. Aber schon am folgenden Tag gab der liebenswürdige Gelehrte und vorbildliche Mönch, der seinem Namenspatron Beda Venerabilis im Lauf seines fast hundertjährigen Lebens immer ähnlicher geworden war, seine Seele in die Hand des·Schöpfers zurück. Am 5. August wurde er auf dem Klosterfriedhof in Metten zur ewigen Ruhe gebettet.

Abt und Konvent der Abtei Metten

Prof. Dr. phil. Dr. h. c. Otto Meyer (21. September 1906 – 11. Januar 2000)

Grabrede: „Tausend Jahre sind vor Dir, o Gott, wie der Tag, der gestern vergangen ist. Tausend Jahre sind vor Dir so kurz wie eine Nachtwache.“ Diesen Vers aus dem 90. Psalm wählte der Verstorbene, Prof. Dr. Otto Meyer als Leitwort seines Milleniums-Segenswunsches. Nachdem er das letzte so ereignisreiche Jahrhundert fast zur Gänze durchschritten hatte, sagte er uns allen mit dieser Psalmstelle, wie kurz auch ein langes menschliches Leben ist sub specie aeternitatis, im Angesicht des ewigen Gottes.
Nicht erst im hohen Alter erkannte Otto Meyer die Tragweite dieser Psalmstelle. Weil die Zeit kurz ist, wollte er sie, wie einmal der Apostel Paulus sagte, „auskaufen“, also nicht müßig und mit Geschwätz verstreichen lassen. So brachte sein Leben eine reiche Frucht – für ihn und für uns. Dafür, dass er uns beschenkt hat mit seinem Bemühen, geschichtliche Wahrheit ins Wort zu heben, dürfen wir ihm vielfach danken.
In der historischen Forschung unseres Verstorbenen nahm das Studium der Geschichte des Benediktinerordens in Franken und Bayern einen breiten Raum ein. Das Schicksal der Benediktinerabtei Michelsberg in Bamberg und seine Dissertation von 1931 über die „Klostergründung in Bayern“ brachte ihn vertieft mit dem benediktinischen Mönchtum in Berührung. Die Bayerische Benediktinerakademie wurde früh auf ihn aufmerksam und berief ihn vor 66 Jahren in die Historische Sektion. Bei seinem Tod war Otto Meyer das zweitälteste Mitglied der Akademie mit der längsten Mitgliedschaft. Wann immer er konnte, nahm er an den Sitzungen der Jahrestagung und der Jahreshauptversammlung rege teil. Den Publikationen der Historischen Sektion der Bayerischen Benediktinerakademie galt sein großes Interesse, insbesondere der Gestaltung der Bände der Germania Benedictina. Dafür sei ihm ein herzliches Danke gesagt, auch im Namen des Präsidenten der Akademie P. Dr. Theodor Wolf, und des Dekans der Historischen Sektion, Prof. Dr. P. Ulrich Faust.
Otto Meyer hat sich lange genug mit dem Benediktinerorden beschäftigt, um neben den Höhen auch die Tiefen des Ordens zu kennen. Trotzdem stand er solidarisch zu diesem Orden und seiner Geschichte. Er wußte gerade durch seine historischen Studien, dass Menschen mit ihrer wechselnden Beständigkeit dem Orden im Laufe seiner 1400-jährigen Geschichte in viele äußere und innere Krisen gestürzt haben, dass aber ebenso oft neues monastisches Leben aufblühte, wenn Menschen nach der Weisung Benedikts der göttlichen Gnade vertrauten. Otto Meyer baute auf diese Gnade. Dieses Vertrauen gab ihm die Zuversicht, dass Mönchtum nicht nur eine Vergangenheit, sondern auch eine Zukunft hat. Seine gläubige Haltung beflügelte ihn, dem Benediktinerorden zu dienen, indem er ihm seine Geschichte zum Bewusstsein brachte.
Er hat dadurch dem Ordenswesen insgesamt einen unschätzbaren Dienst erwiesen, denn er konnte im geschriebenen wie im gesprochenen Wort ein Bild von der Geschichte liefern, das nichts verschwieg und dennoch Mut machte. Ohne die wissenschaftlichen Arbeiten, die er uns geschenkt und bei seinen Schülern angeregt hat, wären wir angewiesen auf das Bild, das die vielfach auf Sensation und oberflächliche Wirkung bedachten Massenmedien über das Ordenswesen zeichnen.
Für seine Solidarität und seine jahrzehntelange Treue sei ihm herzlich gedankt auch im Namen von Abt Dr. Fidelius Ruppert und des Konvents der Abtei Münsterschwarzach, sowie der Äbte und der Konvente der Benediktinerabteien Bayerns.
Und schließlich noch ein persönliches Wort: Seine und seiner Schüler Anregungen prägten mein Leben. Das gilt für meine Studienjahre in Würzburg wie auch die während der Akademietagungen. Auch dafür kann ich nur das schlichte Danke sagen.
Lieber väterlicher Freund! Ein Mönch singt, wenn er seine Profess ablegt, den Vers aus dem 119. Psalm: „Suscipe me Domine secundum eloquium tuum – et vivam! Et ne confundas me – ab expectatione mea!“ Auch wir dürfen für Dich und mit Dir beten: „Nimm mich auf o Herr, wie Du verheißen hast durch Deine Propheten und durch Deinen Sohn Jesus Christus: Nimm mich auf und ich werde ewig leben ohne die Begrenzung von Jahren, die alle – und wären es auch tausende und abertausende – nur insgesamt kurz wären!“ „Et ne confundas me ab expectatione mea! „Und enttäusche mich nicht in meiner Erwartung!“ – Ja, so dürfen wir Dir zurufen, Du wirst nicht enttäuscht! Erwarte den Herrn! Du darfst leben! Amen.

Franziskus Büll OSB, Münsterschwarzach