1983

P. Dr. phil. Pius Fischer OSB (24. April 1902 – 2. April 1983)

Am 2. April 1983, dem Karsamstag, wurde P. Pius aus Ettal im Kreiskrankenhaus Garmisch-Partenkirchen in die Ewigkeit heimberufen, an dem Tag, an dem der Glaubensartikel „Hinabgestiegen ins Reich der Toten“ einen besonders tröstlichen Glanz auf unser sterbliches Dasein legt.
Er war am 24. April 1902 in Weppersdorf (Oberfranken) als Sohn eines Landwirtes und Schneidermeisters auf die Welt gekommen, hat also rund 81 Jahre in ihr gelebt. Der kleine Konrad folgte seinem Dorfgenossen Hans Kupfer auch ins Scholastikat und Gymnasium Ettal nach, machte 1921 das Abitur und trat ins Kloster ein. Seine weiteren Studien machte er in Rom (Sant‘Anselmo), Salzburg und München und erhielt die Priesterweihe 1926. Sogleich ging er wieder an die Universität zurück, nach München und Würzburg, wo er für sein späteres Lehramt am Gymnasium Neue Sprachen studierte; 1931 wurde er mit einer Dissertation „Die französische Übersetzung des Pseudo-Turpin nach dem Codex Gallicus 52 der Staatsbibliothek München“ zum Doktor der Philosophie promoviert. Er arbeitete später aber auf diesem Gebiet nicht weiter, sondern wandte sich brennenden Tagesfragen zu, beschrieb Mary Ward als Ordensstifterin oder widmete sich dem Problem „Unerhörtes Gebet“; bei der Reihe „Rückständiges Christentum“ geriet er mit der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) in Konflikt. Nach dem Krieg, den er als Angehöriger von Rommels Afrika-Corps mitmachte und der ihm so manche Nachfolgekrankheit bescherte, widmete er sich nebenseiner Arbeit als Neuphilologe des 1945 wieder eröffneten Ettaler Gymnasiums mit besonderem Eifer der religiösen Volksaufklärung, wie die verschiedenen Heftchen für die Schriftenstände der Kirchen beweisen, wobei sein Büchlein „Hinter Klostermauern“ mit 9 Auflagen fast ein Bestseller wurde. Immer schon weitaufgeschlossen und nach wie vor wissensdurstig war er oft auf Achse, worüber er so manchen interessanten und amüsanten Reisebericht verfasste. Nach seinem Ausscheiden aus dem Schuldienst 1961 nützte er seine vielfältigen Kenntnisse im Umgang mit Ausländern (nicht zuletzt als Army Chaplain der Besatzungsmacht) dazu aus, die damals gerade von Abt Hugo Lang ins Leben gerufenen Pilgerfahrten „Benediktinisches Europa“ als wissenschaftlicher Berater zu begleiten. Zugleich wurde er mehrmals vom Münchener Ordinariat mit ausgesprochen schwierigen Vertretungen in verwaisten Pfarreien in Stadt und Land betraut, wofür er schließlich 1971 den Titel eines Erzbischöflichen Geistlichen Rates erhielt.
1970 war er bereits in die Bayerische Benediktinerakademie aufgenommen worden, da er sich besonders kunsthistorischen Arbeiten zuwandte, die über die Tagespublizistik hinaus bleibenden Wert besaßen, z.B. dem Barockmaler Johann Jakob Zeiller und seinem Ettaler Werk (1964), desgleichen der Sichtung der Theorien über die Gründungsidee Ettals oder das dortige gotische Tympanon. Oft sagte er – erfüllt vom Forschergeist: ,,Pius bringt alles heraus.“ Und er hat wirklich viel herausgebracht, da er noch bis ins hohe Alter nicht müde wurde, Lexika und Periodica durchzuackern. Sein letztes Werk, 1982 erschienen, brachte eine Zusammenstellung benediktinischer Apostel, die unserer Zeit etwas zu sagen haben.
Er selber hatte in seiner Synthese zwischen konservativem Denken und einer erstaunlichen Aufgeschlossenheit für Gegenwartfragen unserer Zeit etwas zu sagen, was Christus und St. Benedikt schon herausgestellt haben: Nova et vetera. Neues und Altes. Auch ein im späten Alter auftretendes Darmkrebsleiden konnte ihn nur widerstrebend aufs Krankenlager zwingen. Besonderen Dank schulden wir Frau Katharina Miller aus Murnau, die bis zum Schluss für ihn sorgte und ihm auch in früheren Jahren als Fahrerin mehrmals die Teilnahme an den Akademieveranstaltungen ermöglichte. Unseres heimgegangenen Mitgliedes aber werden und können wir allzeit in Ehren gedenken, nicht nur in dieser Stunde.

Stephan Schaller OSB, Ettal