2010

P. Dr. phil. Winfrid Hahn OSB (27. April 1941 – 18. September 2010)

Der am 27. April 1941 als Sohn eines Lehrers in Hünfeld geborene Eckhard Hahn kam 1956 nach der Auflösung des humanistischen Zweigs der Wigberti-Schule seines Heimatortes nach Ettal, wo er 1961 das Abitur erlangte. Er fühlte sich zum Benediktiner berufen, trat in Ettal ein und erhielt bei der Einkleidung durch Abt Karl Groß den Namen des Apostels Deutschlands. Nach der zeitlichen Profess absolvierte er das Studium der Philosophie und Theologie in Rom, Gars a. Inn und München. 1967 wurde P. Winfrid von Julius Kardinal Döpfner im Freisinger Dom zum Priester geweiht. Das Studium der Geschichte und die Ausbildung zum Archivar beendete er 1969 mit einer Dissertation über Bischof Franz X. Schwäbl von Regensburg (1833–1841). Nach der Referendarzeit am Rupprecht-Gymnasium in München unterrichtete er an Ettals Gymnasium und war zugleich am Internat als Erzieher tätig. Der Tod eines seiner Zöglinge während eines Ausflugs belastete ihn schwer. Hinfort widmete er sich mit Eifer den ihm aufgetragenen Seelsorgsaushilfen, seit 1975 war er sogar Kurat in Schönberg. Daneben betreute P. Winfrid die Benediktinerinnen in Scharnitz. Seit 1981 war er Mitglied der Historischen Sektion unserer Benediktinerakademie. Seine wissenschaftlichen Fähigkeiten konnte er besonders als Kongregationsarchivar und seit 2003 als Archivar der Abtei Ettal einbringen. Die Folgen einer Parkinson-Erkrankung behinderten seine zahlreichen Aktivitäten in den letzten Jahren, bis sein irdischer Lebensweg sich am 18. September 2010 vollendete.

Ulrich Faust OSB, Marienberg

Kardinal Dr. theol. Augustinus Mayer OSB (23. Mai 1911 – 30. April 2010)

Am 30. April 2010 verstarb in Rom Paul Augustinus Kardinal Mayer OSB, ordentliches Mitglied der Bayerischen Benediktinerakademie in der Theologischen Sektion. An Lebensjahren, kirchlicher Würde und Dauer der Zugehörigkeit zu unserer Akademie übertraf er bei seinem Tode alle übrigen Mitglieder der Benediktinerakademie. Der hohe Verstorbene stand kurz vor Vollendung seines 99. Lebensjahres und war der älteste Kardinal der Kirche. Mit ihm ist das zuletzt einzige Mitglied des Kardinalskollegiums aus dem Benediktinerorden heimgegangen.
Paul Otto Mayer wurde am 23. Mai 1911 als Sohn des Generalmajors a. D. Ludwig Mayer und dessen Gattin Meta, geb. Hoeneß, in Altötting geboren und wuchs in Laufen an der Salzach auf. Von 1921 bis 1930 war er Schüler des Gymnasiums der Benediktiner in Metten und wurde nach einem ausgezeichneten Abitur als Novize der dortigen Abtei eingekleidet. Bei der Ordensprofess am 17. Mai 1931 erhielt er als Patron für sein klösterliches Leben den heiligen Bischof und Kirchenlehrer Augustinus († 430). Das philosophisch-theologische Studium begann der junge Mönch an der Theologischen Fakultät in Salzburg, um dann 1932 an die Ordenshochschule St. Anselm auf dem Aventin in Rom zu wechseln. Am 25. August 1935 empfing P. Augustinus Mayer in Metten durch Bischof Michael Buchberger von Regensburg die Priesterweihe. Den Abschluss des Theologiestudiums bildete die Doktorpromotion im Jahr 1937, die aufgrund einer Studie über das Gottesbild im Menschen bei dem Kirchenschriftsteller Klemens von Alexandrien († um 215) erfolgte.
Das im selben Jahr in München aufgenommene Studium der Klassischen Philologie blieb angesichts der Entwicklung der politischen Verhältnisse nur eine kurze Episode im Leben des jungen Ordenspriesters. Ein Schuljahr lang wirkte P. Augustinus Mayer noch als Erzieher und Religionslehrer in Metten, bis 1939 die schon seit längerem befürchtete zwangsweise Aufhebung des klösterlichen Gymnasiums erfolgte. Zu seinen Schülern aus damaliger Zeit, die inzwischen selbst betagte Männer sind, bestand bis zuletzt ein reger und herzlicher Kontakt.
Im Herbst 1939 wurde P. Augustinus Mayer zum Professor für Dogmatik an der römischen Hochschule der Benediktiner bestellt. Im folgenden Jahr erhielt er die ordentliche Mitgliedschaft in unserer Akademie, der er folglich rund sieben Jahrzehnte angehört hat. Ähnlich lange war nur der ein Jahrzehnt ältere Philosoph P. Beda Thum Mitglied der Bayerischen Benediktinerakademie. Thum, der 1901 geboren war, kam gleichfalls aus der Abtei Metten, wurde 1931 in die Akademie aufgenommen und ist im Jahre 2000 verstorben.
1949 wurde P. Augustinus Mayer zum Rektor des Päpstlichen Athenaeum Anselmianum ernannt. In der damaligen Zeit bedeutete dies nicht nur, die Hochschule zu führen, sondern auch den Abtprimas in der Leitung der internationalen Kommunität von St. Anselm zu unterstützen. Hinzu kamen Aufgaben im Dienste des Apostolischen Stuhls als Konsultor der Studienkongregation ab 1950 und bei einer Visitation der Schweizer Priesterseminare (1957–1959). Diese Tätigkeiten mehr administrativer Art und ein ausgeprägtes Engagement in der Seelsorge trugen dazu bei, dass Augustinus Mayer, wie ein Blick auf seine Bibliographie zeigt, als wissenschaftlicher Forscher und Autor nur in recht begrenztem Maße in Erscheinung treten konnte.3 Erwähnt sei seine Mitarbeit an der großen Enciclopedia Cattolica in den fünfziger Jahren. Den Dienst als Hochschullehrer versah P. Augustinus Mayer gewissenhaft. Seine Vorlesungen waren gründlich und klar. Es wird berichtet, dass er unter den damaligen Professoren von St. Anselm das glänzendste Latein sprach.
Mit der Ankündigung des Zweiten Vatikanischen Konzils durch Papst Johannes XXIII. (1958–1963) kamen neue Aufgaben auf P. Augustinus Mayer zu. 1960 wurde Mayer Sekretär der Vorbereitungskommission des Konzils für den Bereich Studien und Seminare und wirkte prägend mit an der Erarbeitung des Dekrets Optatam totius über die Priesterbildung. Dieser Text fand als einziges Konzilsdokument ohne größere Überarbeitung sogleich die Zustimmung der Väter. Nach Abschluss des Konzils berief Papst Paul VI. (1963–1978) Rektor P. Augustinus Mayer zum Sekretär der postkonziliaren Kommission für die christliche Erziehung.
Nach dem Tode des langjährigen Mettener Abtes Corbinian Hofmeister wurde Augustinus Mayer am 3. November 1966 zum Abt von Metten gewählt. Die Abtsbenediktion empfing er am 10. Dezember 1966 durch den Regensburger Bischof Rudolf Graber. Nach 27 Jahren des Wirkens an der römischen Hochschule begann für ihn damit wieder ein Lebensabschnitt in der bayerischen Heimat. In seinem neuen Amt entfaltete Abt Augustinus Mayer eine reiche Tätigkeit zugunsten seines Klosters und darüber hinaus. Das Generalkapitel stellte ihn 1968 als Abtpräses an die Spitze der Bayerischen Benediktinerkongregation. Als Abtpräses trat er auch in eine neue Beziehung zu unserer Akademie, die als eine Einrichtung der Bayerischen Kongregation entstanden und bis heute mit ihr rechtlich verbunden ist. Unter anderem ist es Aufgabe des Abtpräses dieser Kongregation, die Wahl des Präsidenten der Akademie zu bestätigen. Außerdem übernahm Abt Augustinus Mayer den Vorsitz der Salzburger Äbtekonferenz (1970) und wurde Mitglied der 1971 in Würzburg eröffneten Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland.
Papst Paul VI. ernannte Abt Augustinus Mayer am 6. September 1971 zum Sekretär der Kongregation für die Religiosen und die Säkularinstitute. Dieses kuriale Amt brachte die bischöfliche Würde mit sich; am 13. Februar 1972 erteilte Paul VI. dem neuen Titular-Erzbischof von Satriano in St. Peter in Rom persönlich die Bischofsweihe. Mehr als zwölf Jahre widmete sich Erzbischof Mayer mit hohem Einsatz seiner Aufgabe, die Erneuerung und Vertiefung des Lebens der vielen geistlichen Gemeinschaften der ganzen Kirche im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils zu fördern und zu leiten.
Papst Johannes Paul II. (1978–2005) übertrug Erzbischof Augustinus Mayer 1984 die Leitung der Kongregation für die Sakramente und der Kongregation für den Gottesdienst und berief ihn im Konsistorium vom 25. Mai 1985 als Kardinaldiakon von St. Anselm auf dem Aventin in das Heilige Kollegium der Kardinäle. Dass Augustinus Mayer zu jenen Persönlichkeiten zählte, die sich „in Glaube, Sitte, Frömmigkeit sowie durch Klugheit in Verwaltungsangelegenheiten auszeichnen“ und damit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Kardinalswürde mitbringen, war schon vielfach deutlich geworden.
1988 wurde Kardinal Augustinus Mayer der erste Präsident der neu geschaffenen Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei. Diese Behörde erhielt vom Papst den Auftrag, nach den unerlaubten Bischofsweihen durch Erzbischof Marcel Lefebvre die Eingliederung von Anhängern Lefebvres in die kirchliche Gemeinschaft zu fördern. Kardinal Mayer nahm diese schwierige Verantwortung bis 1991 wahr. Nach seinem 80. Geburtstag schied er aus allen amtlichen Aufgaben an der römischen Kurie aus.
Äußere Anerkennung fand das vielfältige Wirken Kardinal Augustinus Mayers seitens der kommunalen und staatlichen Organe mit der Ehrenbürgerschaft der Marktgemeinde Metten (1971) und in der Verleihung des Bayerischen Verdienstordens (1971) sowie des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1991). Zum 80. Geburtstag wurde ihm eine umfangreiche akademische Festschrift dediziert. Die Benediktinerakademie widmete ihm den stattlichen Eröffnungsband der Reihe Germania Benedictina.
Seinen Lebensabend verbrachte Kardinal Augustinus Mayer in Rom und konnte, da ihm bis wenige Monate vor seinem Tode die guten körperlichen und geistigen Kräfte erhalten blieben, bei aller mönchischen Zurückgezogenheit noch eine rege Wirksamkeit für die Kirche und zum Segen vieler Menschen entfalten, auch in der bayerischen Heimat, der er sich stets aufs engste verbunden fühlte. Anlässlich seines 90. Geburtstags wurde das Wirken Kardinal Mayers noch einmal vor einer breiteren Öffentlichkeit gewürdigt.
Am 3. Mai 2010 wurde in St. Peter in Rom von Kardinal Angelo Sodano, dem Dekan des Kardinalskollegiums, ein Requiem für Kardinal Augustinus Mayer gefeiert. Papst Benedikt XVI. selbst sprach dabei die Gedenkworte und hielt die Verabschiedung. Neun Tage danach, am 12. Mai, ist der Leichnam Kardinal Mayers in der Mettener Klosterkirche bestattet worden. Das Requiem in Metten zelebrierte Kardinal Friedrich Wetter, der 1985 zusammen mit dem Verstorbenen in das Kardinalskollegium berufen worden ist. Viele Trauernde, darunter auch mehrere Mitglieder unserer Akademie, haben an jenem Tag nochmals mit Ehrfurcht und Dankbarkeit auf das Leben und Wirken des heimgegangenen Kardinals Augustinus Mayer geblickt. Die Bayerische Benediktinerakademie darf es sich zur hohen Ehre anrechnen, dass dieser in so vieler Hinsicht vorbildhafte Christ, Mönch und Bischof ihr angehört hat.

Stephan Haering OSB, Metten / München